Beachvolleyball

Für dieses Jahr ausgeschmettert

Nach einer weiteren erfolgreichen Saison gehen die Olympiasiegerinnen und Weltmeisterinnen Laura Ludwig und Kira Walkenhorst vorzeitig in die Winterpause, um neue Kraft zu tanken.

22.09.2017

Von KATJA STURM

Laura Ludwig (links) und Kira Walkenhorst siegten in diesem Sommer und als erste deutsche Frauen bei der Weltmeisterschaft in Wien  und beim großen Finale der World Tour in Hamburg (Foto).  Foto: dpa

Laura Ludwig (links) und Kira Walkenhorst siegten in diesem Sommer und als erste deutsche Frauen bei der Weltmeisterschaft in Wien und beim großen Finale der World Tour in Hamburg (Foto). Foto: dpa

Frankfurt. Jeder braucht mal Urlaub. Selbst diejenigen, die die meiste Zeit des Jahres am Strand verbringen. Bei Laura Ludwig und Kira Walkenhorst ist es gerade so weit. Die Weltmeisterinnen und Olympiasiegerinnen im Beachvolleyball halten Abstand. Voneinander, aber vor allem von ihrer Leidenschaft.

Die vergangene Saison war hart. Nicht alle Träume, mit denen die beiden Wahl-Hamburgerinnen gestartet waren, sollten sich erfüllen. Den kontinentalen Titel, den sie in den zwei Jahren zuvor gewonnen hatten, mussten sie diesmal anderen überlassen. Bei den nationalen Meisterschaften erwiesen sich die Favoritinnen ebenfalls als schlagbar. Die Enttäuschung über das frühe Aus am Timmendorfer Strand war schnell verflogen. „Im Nachhinein waren wir froh darüber, dass wir nicht noch zwei weitere Spiele machen mussten“, erklärt die 31-jährige Ludwig. „Die Körner waren einfach nicht mehr da“, fügt ihre fünf Jahre jüngere Partnerin hinzu. Dass andere noch bis Ende Oktober weiter im Sand wühlen, lässt die beiden kalt. Ihre Körper sehnen sich nach Ruhe.

Die Ambitionen der Verbände, den Strandsport auch in der Halle zu etablieren, sehen sie kritisch. Nicht nur, weil der Ball dort anders fliegt, der Sand sich sowieso nirgendwo gleich anfühlt. „Es gehört zu unserer Philosophie, ausreichend zu regenerieren“, betont Ludwig. „Außerdem wollen wir uns Zeit fürs Training nehmen. Zeit, um uns zu verbessern.“

Zeit zum Regenerieren

Während des Sommers gibt es dafür keine Gelegenheit. Da geht es Schlag auf Schlag. Schmerzen müssen hingenommen, die Zähne tapfer zusammengebissen werden. Kira Walkenhorst etwa hatte die vergangenen Monate mit einer quälenden Entzündung in der Schulter zu kämpfen, die aus einer bakteriellen Infektion resultierte. Einmal setzte sie deshalb aus, dann musste es irgendwie weitergehen. Jetzt hofft die gebürtige Essenerin darauf, mit vier bis sechs Wochen Erholung wieder fit zu werden für die nächsten Aufgaben. So lange, sagt sie, werde sie den Beachvolleyball höchstens als Kopfstütze verwenden.

Wenig überlassen die Sportlerinnen dem Zufall. Der Triumph bei den Spielen in Rio im vergangenen Jahr war lange im Voraus geplant. Beachvolleyball, daran haben die beiden bis heute Spaß, „wir lieben das Gewinnen“, sagt Ludwig. Doch dahinter steckt nicht nur am Netz harte Arbeit.

Das Erfolgprojekt Ludwig/Walkenhorst ist ein Kleinunternehmen. Ein sorgfältig zusammengestelltes Team mit drei Trainern und Betreuern, einem Arzt, einer Psychologin, einem Manager und mehreren Physiotherapeuten sorgt in allen Bereichen für höchste Qualität. Doch der Körper spielt nicht immer mit. Ludwig bekam das schon mehrfach zu spüren; bereits mit 18 erlitt sie einen leichten Schlaganfall, zuletzt wurde sie vor Jahresfrist an der Schulter operiert. Die Reha dauerte weitaus länger als geplant. Dann, zurück im Spiel, wurde ihre Partnerin krank.

Terminhatz im Sommer

Auch deshalb waren die Belastungen diesmal besonders schwer zu ertragen, weil die Vorbereitung weniger intensiv und konstant verlief als gewohnt. Zudem häuften sich die Termine, wurden innerhalb von fünf Wochen vier wichtige Titel ausgespielt. „Selbst unser Trainer meint, das ist nicht zu wuppen“, sagt Ludwig. Sie hofft, dass sich eine derartige Aneinanderreihung nicht wiederholen wird. Doch sie empfindet es auch als „Challenge“, diese immer wieder neuen Hürden zu nehmen, gegen Widrigkeiten anzukämpfen und am Ende meist den Erfolg davonzutragen. „Das macht uns vielleicht nicht besser, aber stärker.“

So wie beim World-Tour-Finale vor eigener Haustür, wo Walkenhorsts Schulterschmerzen kaum mehr erträglich schienen und die beiden doch am Ende die Siegprämie von 100?000 Dollar einstecken durften. „Es war erst das dritte Turnier, das so hoch dotiert war“, erklärt Ludwig. Ansonsten sind es in erster Linie Werbepartner, die den beiden das Leben am Strand und das „geile Umfeld“ finanzieren. Nur mit der Förderung des Verbandes kämen sie nicht weit. Dafür lässt dieser sein Vorzeigepaar meist in Frieden, sieht in den beiden mit ihrem Hang zur Perfektion für andere ein Vorbild.

Ein Glas Rotwein zum Genuss

Der eine oder andere Luxus muss drin sein. Ein zusätzliches Hotelzimmer etwa, in dem die eine mal Abstand von der anderen halten kann. Zwar hat das gute Gelingen auf dem Feld sie längst zusammengeschweißt, verstehen sie sich nicht nur im Spiel gut miteinander. Doch auf Tour müssen sich die eher ruhige Walkenhorst und die extrovertierte Ludwig auch aus dem Weg gehen können.

Trotz aller Strapazen genießen sie ihr Leben. Dazu gehört ein Glas Rotwein bei Bedarf oder der bei Sportlern längst nicht mehr so hoch im Kurs stehende Konsum von Fleisch. „Alles in Maßen und von bester Qualität“, betont Ludwig. Sogenannte „Shit Days“, an denen man isst, worauf man Appetit hat, stehen ebenfalls im ausgeklügelten Ernährungsplan. Momentan vielleicht ein paar mehr als sonst. Denn erst Anfang Oktober werden die nächsten großen Ziele wieder ins Visier genommen, setzen sich die beiden Sportlerinnen mit ihrem Trainer Jürgen Wagner zusammen, um die weiteren Etappen zu definieren. An Motivation mangele es dabei nicht. „Es ist ein Fehler zu denken, es sei leichter, einen Titel zu holen, als ihn zu verteidigen“, sagt Ludwig. Eine WM gibt es 2018 zwar nicht. Die grobe Richtung steht damit aber fest.

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Erstellt:
22.09.2017, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 38sec
zuletzt aktualisiert: 22.09.2017, 06:00 Uhr

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