Lärmbelästigung durch Sommernachtspartys
Für die Polizei gibt es oft Wichtigeres zu erledigen
Beamte kommen nur bei massiven Störungen. Palmer will, dass Ruhestörer künftig 50 Euro zahlen.
Kann ich eigentlich die Polizei anrufen, wenn vor meinem Fenster eine Party gefeiert wird? Das fragen sich viele lärmgeplagte Tübinger derzeit. Die Antwort von Polizeisprecher Michael Schaal ist nicht besonders tröstlich. Die Beamten könnten nur kommen, wenn es nichts Wichtigeres zu tun gibt: „Ein Verkehrsunfall oder eine Schlägerei gehen vor.“ Schaal bittet auch darum, bei Ruhestörungen nicht die „110“ anzurufen. Diese Nummer sei für Notfälle reserviert. Stattdessen solle man das örtliche Polizeirevier alarmieren.
Ein Anruf dort führt allerdings auch nicht automatisch dazu, dass beim Nachbarn umgehend Polizisten vorfahren und die Bassbox abstellen. „Gerade im Sommer kann es dauern, bis wir Zeit haben.“ Anders sei es, wenn sich in kurzer Zeit gleich mehrere Anrufer beschweren oder die Polizisten schon am Telefonhörer mitbekommen, dass ein ganzes Viertel beschallt werde: „Dann fahren wir schon mal raus.“
Insgesamt rät Schaal zur Gelassenheit. Man solle die Störer nicht aggressiv anbrüllen, sondern lieber an ihre Einsicht appellieren. Und: „Denken Sie daran, dass Sie auch mal jung waren.“ Obwohl die Polizei derzeit „sehr, sehr häufig“ alarmiert werde, hat sich die Zahl der Ruhestörungen in den vergangenen zwanzig Jahren nach Schaals Eindruck wenig erhöht. „Im Sommer wurde es immer schon laut.“ Oft liege das nur daran, dass die Leute bei Hitze die Fenster öffnen und auf dem Balkon sitzen.
Tübingers Oberbürgermeister Boris Palmer hat trotzdem auf die TAGBLATT-Berichte über Lärm in der Innenstadt reagiert. Er wies darauf hin, dass die Stadt inzwischen vier Ordnungskräfte im Einsatz habe und ab Jahresende sogar acht. Außerdem möchte er künftig Ruhestörer mit Geldstrafen zur Vernunft bringen. Auf Facebook empfahl er im Rahmen einer Umfrage den Betrag von 50 Euro. Die genauen Modalitäten werde er „in den nächsten Tagen“ mit der Verwaltung klären.