Kommentar · Tübingens OB Boris Palmer und sein Rassismus

Für den Tübinger Oberbürgermeister geht seine Gleichung auf: Schwarz + Rüpel = Asylbewerber

Der Tübinger Oberbürgermeister ist ein gern gesehener Gast in Talkrunden, und so hat auch die SÜDWEST PRESSE ihn eingeladen. Am Mittwochabend ließ sich Boris Palmer im Ulmer Stadthaus interviewen. Zum Auftakt berichtete er dort von einem Schwarzen, der mit seinem Rad in wahnsinniger Geschwindigkeit unterwegs gewesen sei und Fußgänger gefährdet habe.

27.04.2018

Von Sabine Lohr

Boris Palmer. Bild: Metz

Boris Palmer. Bild: Metz

Palmer sagte: „Das geht doch nicht. Aber wenn ich das nachher erzähle, bin ich wieder der Rassist.“ Stimmt: Das ist rassistisch. Denn die Hautfarbe hat mit dem Verhalten des Radfahrers nicht das Geringste zu tun.

Auf Facebook enttarnt sich Palmer anschließend noch mehr. Dort fragt ihn eine Emma Kowa, warum er es für wichtig halte, die Hautfarbe des Radlers zu erwähnen. Palmer antwortet: „Weil der Typ mit nacktem Oberkörper, Kopfhörer und einer unglaublichen Dreistigkeit um die Leute rum gekurvt ist. Das gehört sich für niemand und für einen Asylbewerber schon dreimal nicht.“

Da legt Palmer an eine Gruppe Menschen, die etwas gemeinsam haben (Asyl beantragt), einen höheren Maßstab an als an die, die kein Asyl beantragt haben. Das ist rassistisch.

Kowa hakt nach: „Warum wissen Sie, dass es ein Asylbewerber war?“ Eine berechtigte Frage. Schließlich ist es Palmer nicht gelungen, den Radfahrer anzuhalten und mit ihm zu sprechen. Palmer: „Weil ich wette, dass es ein Asylbewerber war. So benimmt sich niemand, der hier aufgewachsen ist mit schwarzer Hautfarbe. Das wäre völlig missglückte Integration.“

Das sind so dermaßen dumme Sätze, dass kaum zu glauben ist, dass sie von jemandem stammen, dessen Intelligenz gerühmt wird. Palmer spekuliert nicht nur, dass Schwarze, die sich daneben benehmen, Asylbewerber sein müssen. Er behauptet auch, dass nur, wer „hier“ aufgewachsen sei, sich richtig zu benehmen wisse. Das heißt: Wer hier groß geworden ist (wie Palmer), ist der bessere Mensch. Denn er kann sich ja, im Gegensatz zu allen anderen, benehmen – was ihn über die anderen stellt. Das ist rassistisch.

Palmer geht in seiner Äußerung davon aus, dass Schwarze, auch wenn sie hier aufgewachsen sind, „integriert“ werden müssten. Das heißt, er zieht allein aus der Hautfarbe den Schluss, dass dieser Mensch einem anderen Kulturkreis angehören muss und wir ihn unsere Kultur lehren müssten. Das ist rassistisch.

In dieser Stadt gibt es sehr viele Radfahrer. Und manche von ihnen benehmen sich völlig daneben. Das hat Palmer auch schon öfters kritisiert. Noch nie aber hat er behauptet, Rüpelradler seien Asylbewerber. Bei einem Schwarzen tut er das aber. Und was ist das? Richtig: rassistisch.