Mobilität

Für Hybrid-Autos wird es eng

Derzeit verkaufen sich Fahrzeuge mit Verbrennungs- und Elektromotor an Bord gut. Doch das wird nicht so bleiben.

27.10.2021

Von Thomas Veitinger

Ulm. Auf dem Weg zur Elektromobilität ist wieder eine Schallmauer durchbrochen. Erstmals liegt der Verkauf von Hybriden in Europa über dem von Diesel-Fahrzeugen. Jedes fünfte verkaufte Auto hat sowohl einen Verbrennungs- als auch einen Elektro-Motor an Bord. Für BMW ist diese Entwicklung keine Überraschung. Ein Hybrid sei „die ideale Lösung, da er die Vorteile beider Welten bündelt: vollelektrisches Fahren für kurze bis mittlere Strecken kombiniert mit der Flexibilität des Verbrennungsmotors für längere Fahrten“, teilt ein Sprecher mit. Die Fahrzeuge hätten „eine nachweislich bessere CO2-Lebenszyklus-Bilanz als konventionelle Vergleichsfahrzeuge“.

Für Audi spielen aufladbare Hybridfahrzeuge (Plug-ins) beim „Umstieg in eine reine E-Fahrzeugwelt eine wichtige Rolle“, teilt ein Sprecher mit. „Sie sorgen für Produktionsauslastung bei Herstellern und Zulieferern und bieten den Kunden eine attraktive Option für den Einstieg in die E-Mobilität.“

Plug-in-Hybride erfreuen sich in Deutschland vor allem als Firmenwagen großer Beliebtheit. Gründe sind neben einem niedrigeren Steuersatz bei Fahrzeugen unter 65 000 Euro stattliche staatliche Prämien bis zu 5625 Euro.

Doch die Erfolgsgeschichte der Hybride dürfte zu Ende gehen, kaum dass sie richtig begonnen hat. Das Aus der Förderung wird beschlossen, melden Medien, spätestens unter der neuen Regierung. „Die angekündigte Änderung der Förderrichtline befindet sich seit Monaten in der Ressortabstimmung“, heißt es von Audi. Es sei nicht rechtsverbindlich geklärt, wie es im neuen Jahr weitergehe. Kunden, die heute Fahrzeuge bestellen wollen, die erst 2022 zugelassen werden könnten, seien verunsichert.

Grund für den Meinungswechsel in der Politik ist die Umwelt-Bilanz der Fahrzeuge. Eine vom Umweltbundesamt in Auftrag gegebene Studie sieht wegen fehlender Lademöglichkeiten, geringer Anreize zum Laden etwa durch Gratistanken bei Firmenfahrzeugen und weiten Fahrten höhere CO2-Emissionen als angenommen. „Ein Ende der Förderung von Hybriden halte ich für dringend geboten“, sagt auch Frank Schwope. „Übertrieben gesagt wissen viele Hybrid-Besitzer nicht einmal wie ihr Ladekabel aussieht“, ist der Auto-Experte der Nord-LB überzeugt: Nicht wenige Käufer freuen sich über die Ermäßigung, fahren aber nur mit ihrem Verbrennungsmotor. „Gewissermaßen sind Hybride eine Mogelpackung und schleppen zwei Antriebssysteme mit sich rum.“ Mit der Abschaffung der Förderung für Hybride könnte sich die Industrie auf Verbrenner und reine Elektro-Autos konzentrieren, sodass eine Variante weniger produziert werden müsste, glaubt Schwope. Für den ADAC verbrauchen „Plug-in-Hybride nun mal viel Energie“ und könnten „daher nicht zu Ökomobilen gezählt werden“.

Zu den Folgen eines Endes von Kaufhilfen wollen angefragte Autobauer nichts sagen. Daimler etwa bittet um „Verständnis, dass wir uns zu Überlegungen im Rahmen der Koalitionsverhandlungen auf Bundesebene nicht äußern“. Auch BMW möchte „keine Bewertung vornehmen“.

In der Branche machen Plug-in-Hybride etwas weniger als die Hälfte aller mit E-Auto-Prämie geförderten Fahrzeuge aus. Hersteller stellen ihre Modelle langfristig auf reine Elektroautos um, entsprechend dürften sich Käufer von Hybriden abwenden und E-Fahrzeuge ordern – oder Verbrenner.

VW fordert von der Politik, die Voraussetzungen für E-Mobilität zu verbessern. Wichtig sei ein Ausbau des Ladenetzes in Europa und verbindliche Auflagen zur Bereitstellung von Ladepunkten etwa in Mehrfamilienhäusern, Betrieben und an Tankstellen.

„Die steuerliche Förderung muss an die tatsächliche elektrische Fahrleistung gekoppelt werden“, heißt es aus Wolfsburg zudem. Dies hält aber Schwope für „sehr bürokratisch und aufwändig und kaum umsetzbar“. Der Experte lehnt die Förderung von Hybriden generell ab: „Warum müssen sogar 2,5 Tonnen schwere und 5 Meter lange Autos überhaupt mit Steuergeldern gefördert werden, während Volkswagen und Daimler im 1. Halbjahr 2021 Rekordgewinne erzielt haben, und BMW jüngst die Ergebnisziele hochgesetzt hat?“

Die Reichweite entscheidet

Die Zukunft von Hybriden wird sich auch an der Reichweite ihres reinen Elektroantriebs festmachen. Industrie und Politik haben sich darauf verständigt, dass von 2022 an nur noch Modelle mit einer Mindestreichweite von 60 Kilometern gefördert werden. 2025 wird diese bei 80 Kilometern liegen. Einige Modelle fallen dann aus der Förderung heraus. Die Unternehmen bauen deshalb zum Teil größere Batterien ein. Ein weiterer Punkt ist das EU-Verbrauchsmonitoring, das für Hybride mit höheren CO2-Ausstoß ebenfalls das Aus bedeuten könnte.

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Erstellt:
27.10.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 02sec
zuletzt aktualisiert: 27.10.2021, 06:00 Uhr

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