Parteien

Die Klimaliste hat die Fünf-Prozent-Hürde im Visier

Die Liste der Außenseiter im Landtagswahlkampf ist lang. Ein Trio allerdings macht die etablierten Parteien nervös.

19.02.2021

Von Roland Muschel

Schaffen es die Freien Wähler in den Landtag? Hubert Aiwanger hat es in Bayern vorgemacht. Foto: Matthias Balk/dpa

Schaffen es die Freien Wähler in den Landtag? Hubert Aiwanger hat es in Bayern vorgemacht. Foto: Matthias Balk/dpa

Alexander Grevel gibt sich optimistisch: „Ich bin zuversichtlich, dass wir die Fünf-Prozent-Hürde schaffen. Viele Bürger wollen eine konsequent grüne Politik, sind aber von der Politik der Grünen enttäuscht.“ Grevel ist Co-Vorsitzender der Klimaliste Baden-Württemberg, einer jungen Partei, die die Einhaltung des Pariser Klimaabkommens ins Zentrum aller politischen Handlungen stellen will. „Wir sind die einzige Partei, die in allen Bereichen konsequent für Klimaschutz eintritt.“

Die Neuen machen den von Ministerpräsident Winfried Kretschmann auf Regierungskompromisse getrimmten Grünen erstmals Konkurrenz bei der Landtagswahl. In 67 von 70 Wahlkreisen schickt die Klimaliste Kandidaten ins Rennen, Grevel selbst tritt im Wahlkreis Freiburg I an, einer Hochburg der Grünen.

Zuletzt hat 2016 die AfD als Neuling den Sprung in den Landtag geschafft, als erste Partei seit 1983 die Grünen erstmals die Fünf-Prozent-Hürde überwunden haben. Diesmal schicken sich neben den fünf Platzhirschen – Grüne, CDU, AfD, SPD und FDP – 16 weitere Parteien an, das Spektrum im Parlament zu erweitern. Mediale Aufmerksamkeit aber ist nur einem Trio aus der bunten Schar der Außenseiter vergönnt: der Klimaliste, den Freien Wählern und der Linken. Diese drei Parteien können nicht nur bereits Erfolge auf anderen Ebenen vorweisen, ihnen wird auch zugetraut, zumindest indirekt Einfluss auf das Wahlergebnis zu nehmen.

Grevel sagt, überall, wo die Klimaliste bislang angetreten sei, sei das ökologische Lager gestärkt worden, weil sie den Diskurs verschoben habe. Die Grünen aber nehmen die junge Partei als Konkurrenz wahr, die sie in knappen Wahlkreisen entscheidende Stimmen kosten könnte. Erst hat Kretschmann sie als Gefahr gebrandmarkt, dann haben die Grünen eines der Hauptziele des Neulings, die Erderwärmung gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter auf 1,5 Grad zu begrenzen, ins eigene Wahlprogramm aufgenommen. Einige Vorstandsmitglieder der Klimaliste zogen sich daraufhin zurück.

Auf Wähler aus dem links-alternativen Spektrum zielt auch die Linke, die in allen 70 Wahlkreisen Kandidaten ins Rennen schickt. „Bei den Bundestagswahlen kommen wir regelmäßig auf sechs bis sieben Prozent im Land, auf kommunaler Ebene sind wir ebenfalls erfolgreich. Wir haben alle Chancen, nun auch in den Landtag einzuziehen“, sagt Spitzenkandidatin Sahra Mirow, die im Wahlkreis Heidelberg antritt. 2011 und 2016 hatten Umfragen der Partei jeweils fünf Prozent zugetraut, am Ende landete sie knapp unter drei Prozent. Diesmal soll es umgekehrt laufen; in der jüngsten Umfrage liegt die Partei bei 3,0 Prozent. „2011 und 2016 hatten wir im Land einen Lagerwahlkampf, das ging zu Lasten meiner Partei. Inzwischen haben es sich Grüne und CDU aber gemeinsam behaglich gemacht, die Unterschiede zwischen diesen beiden Parteien sind eher marginal“, sagt Mirow. Nur die Linke könne „Bewegung“ in den Landtag bringen, „für einen echten sozial-ökologischen Wandel, für bezahlbare Mieten oder den Erhalt aller Krankenhäuser“.

Im liberal-konservativen Wählermilieu sieht dagegen die Partei Freie Wähler, die in 69 Wahlkreisen antritt, ihre Chance. „Wir sind die einzige Partei in Baden-Württemberg, die für die Wiedereinführung des neunjährigen Gymnasiums als Regelschule antritt“, sagt Spitzenkandidat Bernd Barutta, der in zwei Wahlkreisen, Bretten und Stuttgart III, antritt. In Bayern ist die Partei mit 11,6 Prozent bei der Landtagswahl 2018 eine Macht, ihr Bundeschef Hubert Aiwanger, Vize-Ministerpräsident unter CSU-Regierungschef Markus Söder. „Wir müssen vor allem Protestwähler überzeugen, dass es keinen Mehrwert hat, sein Stimme der AfD zu geben“, sagt Aiwanger bei einem seiner Auftritte in Baden-Württemberg.

Auch denjenigen, die sich Friedrich Merz an der Spitze der Bundes-CDU gewünscht hätten, wollten die Freien Wähler ein Angebot machen. In Umfragen wird die Partei, wie die Klimaliste, bisher unter „Sonstige“ ausgewiesen. Aiwanger ficht das nicht an: Er „wette“, dass der Sprung in den Landtag gelingen werde.

21 Parteien, acht Einzelbewerber

Zur Landtagswahl am 14. März 2021 sind insgesamt 21 Parteien und acht Einzelbewerber zugelassen. Vor fünf Jahren waren es 22 Parteien und drei Einzelbewerber. Neben den bereits im Landtag vertretenen Parteien Grüne, CDU, AfD, SPD und FDP geht die Linke in allen 70 Wahlkreisen mit eigenen Bewerbern ins Rennen. Die Freien Wähler treten in 69, die „Partei Wir2020“ in 68, die Ökologisch-Demokratische Partei und die Klimaliste jeweils in 67 Wahlkreisen an.

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Erstellt:
19.02.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 07sec
zuletzt aktualisiert: 19.02.2021, 06:00 Uhr

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