Tübinger Modellprojekt

Friseur verteilte offenbar rund 350 Tagestickets ohne Test vorab

Ein Friseur in der Tübinger Mühlstraße soll rund 350 Tagestickets im Rahmen des Tübinger Modellprojekts ausgestellt haben, ohne dass die Personen einen negativen Corona-Test vorweisen mussten. Was OB Boris Palmer am Montagabend bei einer Diskussion andeutete, bestätigte die städtische Pressestelle inzwischen dem TAGBLATT.

30.03.2021

Von Christian Kern

Das Tübinger Tagesticket wird normalerweise bei einem negativen Test ausgestellt. Archivbild: Ulmer

Das Tübinger Tagesticket wird normalerweise bei einem negativen Test ausgestellt. Archivbild: Ulmer

Demnach habe der Friseur die Blanko-Tickets bis einschließlich vergangenen Samstag ausgegeben. Am Montag schritten dann die Beamten ein. Zuvor hatten sie Hinweise von Gastronomen erhalten. „Nach übereinstimmenden Berichten wurden die Tickets vor allem in landsmannschaftlich verbundenen Kreisen verteilt“, schreibt die Stadt auf Anfrage. Wer sie genau verwendet hat, sei jedoch nicht mehr zu ermitteln.

Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer verurteilte die Praktik. „Wie kann jemand so unsozial sein?“, fragte er bei einer Diskussionsveranstaltung des Weltethos-Instituts am Montagabend, als das Thema bereits aufkam. Welche Konsequenzen die Aktion für den Friseur hat? „Wir haben bisher keine Strafanzeige gestellt, prüfen aber, welche Optionen in Betracht kommen“, heißt es von Seiten der Stadt.

Friseure und andere Geschäfte dürfen zwar ein Tagesticket ausstellen. Aber erst, wenn sie die Kunden getestet haben. Das war nicht immer der Fall. „Vereinzelt wurden Tagestickets weitergegeben“, schreibt die Stadt. Allerdings bislang noch nicht in diesem Umfang. Trotzdem seien die Betrugsfälle mit ein Grund gewesen, das digitale Ticket per QR-Code einzuführen.

 



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