Grundlagen, Anwendungsgebiete sowie Vor- und Nachteile für mittelständische Unternehmen

Forfaitierung und Factoring

Neben den unterschiedlichen Formen und Ausprägungen der kurz- und langfristigen Bankkredite sind in den letzten Jahren Finanzierungsinstrumente entwickelt worden, die Kredite ersetzen können. Dabei handelt es sich um sogenannte Finanzierungssurrogate. Ziel dieser Instrumente ist es, die Liquidität eines Unternehmens ohne Einsatz von Eigenkapital zu erhöhen. Zudem sollen Finanzierungssurrogate die Bilanz eines Unternehmens entlasten, im Gegensatz zur Finanzierung über Kredite tragen die Instrumente nicht zur Bilanzverlängerung bei.

20.05.2015

Von Markus Müller

Grundlage von Forfaitierung und Factoring: Abtretung von Forderungen / pixabay.com © blickpixel

Grundlage von Forfaitierung und Factoring: Abtretung von Forderungen / pixabay.com © blickpixel

Zu den bedeutsamsten Finanzierungssurrogaten zählen die Forfaitierung, das Factoring sowie das Leasing. Dieser Artikel konzentriert sich vor allem auf die ersten beiden Finanzierungsformen. Zunächst werden grundlegende Begriffe im Zusammenhang mit Forfaitierung und Factoring erläutert, im Anschluss werden dann wichtige Anwendungsgebiete beschrieben sowie Vor- und Nachteile für mittelständische Unternehmen erörtert.

Forfaitierung und Factoring – Begriffliche und rechtliche Grundlagen Definition

Bei der Forfaitierung handelt es sich laut wirtschaftslexikon24.com um ein Finanzierungsinstrument zur Außenhandelsfinanzierung für Unternehmen. Eine Forfaitierung stellt den Verkauf von finanziellen Forderungen aus Warenlieferungen oder Dienstleistungen eines Unternehmens dar. Das Unternehmen tritt als Forfaitist bzw. Exporteur auf und veräußert die Forderungen an einen Käufer (Forfaiteur), dieser kann sowohl eine Bank als auch ein spezielles Forfaitierungsinstitut sein. Das Kreditinstitut stellt dem Verkäufer, d.h. dem jeweiligen Unternehmen, Liquidität zur Verfügung. Dabei kompensiert der Käufer das mögliche Risiko durch eine Gebühr oder eine anderweitige Sicherheit (z.B. Wechsel, Bankbürgschaft, Akkreditive). Im Gegenzug übernimmt der Käufer bzw. der Forfaiteur das Ausfallrisiko der Forderung sowie das Währungsrisiko bei Wechselkursschwankungen. Auch das politische Risiko im Falle von Konflikten und Kriegen oder durch Anweisung der Behörden im jeweiligen Land, das Geschäft mit dem Unternehmen auszusetzen, wird übernommen.

Vereinfacht ausgedrückt: Bei einer Forfaitierung wird eine unbezahlte Rechnung an eine Bank oder ein spezielles Kreditinstitut weiterverkauft. Hierbei wird zwischen einer echten sowie einer unechten Forfaitierung unterschieden:

Bei einer unechten Forfaitierung hat der neue Gläubiger im Falle eines Ausfalls der Forderung die Möglichkeit, das an ein Unternehmen gezahlte Entgelt zurückzufordern. Zudem kann er (der neue Gläubiger) teilweise Schadensersatzansprüche gegenüber dem Verkäufer der Forderung geltend machen.

Im Falle einer echten Forfaitierung wird das Ausfallrisiko auf den neuen Gläubiger übertragen. Falls der Schuldner seiner Zahlung nicht nachkommt, ist nur der Käufer der Forderung betroffen. Die echte Forfaitierung stellt heutzutage in nahezu allen Fällen im Geschäftsalltag die einzig vorkommende Form dieses Finanzierungsinstruments dar.

Zwischen einer Forfaitierung und dem Factoring lassen sich einige Gemeinsamkeiten ausmachen, da beim Factoring ein Käufer (Factor) ebenfalls Forderungen von Unternehmen aufkauft. Hierbei wird auch zwischen echtem sowie unechtem Factoring unterschieden, die Unterscheidungsmerkmale zwischen den beiden Formen sind die gleichen wie bei der Forfaitierung.

Rechtliche Grundlagen

Datenquelle: 4managers.de

Datenquelle: 4managers.de

Der Begriff Forfaitierung leitet sich aus der französischen Bezeichnung „vendre à forfait“ ab – „à forfait“ bedeutet wörtlich übersetzt „in Bausch und Bogen“, im geschäftlichen Sprachgebrauch abgekürzt mit den Worten „ohne Regress“, d.h. ohne Rückgriff (auf eine Forderung). In der wirtschaftlichen Praxis kann die gesamte Bezeichnung mit dem Ausdruck „im Paket verkaufen“ übersetzt werden.

Bei der Forfaitierung handelt es sich im rechtlichen Sinne um einen Rechtskauf. Diese Auslegung ist allgemein anerkannt, wie in einer Dissertation mit dem Titel „Die schuldrechtlichen und wechselrechtlichen Haftungsprobleme bei der Forfaitierung von Exportforderungen“ erläutert ist. Aufgrund der rechtlichen Natur des Rechtskaufs ist ein Rückgriff auf den Verkäufer der Forderungen (Forfaitist bzw. Exporteur, siehe Definition) im schuldrechtlichen Sinne ausgeschlossen, zumindest bei einer echten Forfaitierung. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie sich das Haftungsrisiko auf die einzelnen Vertragsparteien verteilt. Bis zum 31. Dezember 2001 orientierte sich die Aufteilung des Risikos zwischen Forfaitist und Forfaiteur am § 437 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) a.F.: Der Verkäufer einer Forderung haftet für den rechtlichen Bestand der Forderung. Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts im Januar 2002, auch als Schuldrechtsmodernisierung bezeichnet, gilt die frühere Norm nicht mehr. Stattdessen ist § 453 Abs. 1 BGB für juristische Fragen rund um den Rechtskauf anzuwenden, sofern nicht spezielle Regelungen getroffen wurden. Weiterführende Informationen liefert auch die oben im Text aufgeführte Dissertation.

Beim Factoring gelten andere Rechtsnormen. Gesetzlich ist der im Rahmen dieser Finanzierungsform aufgesetzte Vertrag als spezielle Vertragsform nicht gesondert geregelt. Eine Einordnung erfolgt diesem Artikel zufolge anhand wirtschaftlicher Gesichtspunkte, d.h. echtes Factoring wird als Forderungsverkauf nach § 433 ff. BGB angesehen, beim unechten Factoring sind die rechtlichen Regelungen zum Darlehensgeschäft nach § 488 ff. BGB anzuwenden. 

Unterschiede zwischen Forfaitierung und Factoring

Grundsätzlich lassen sich zwischen einer Forfaitierung und dem Factoring einige Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede ausmachen, da auch beim Factoring ein Käufer (Factor) Forderungen von Unternehmen abkauft.

Anwendungsgebiete der Forfaitierung Forfaitierung bei Exportgeschäften

Unterschiede zwischen Forfaitierung und Factoring / Quelle: www.welt-der-bwl.de

Unterschiede zwischen Forfaitierung und Factoring / Quelle: www.welt-der-bwl.de

Im Zuge des verschärften internationalen Wettbewerbs, auch eine Folge der fortschreitenden Globalisierung, wird es für Unternehmen zunehmend schwieriger, einen Kredit bei einer Bank aufzunehmen. Hier ist anzumerken, dass dies je nach Branche variiert und von einer Vielzahl an Aspekten, beispielsweise die Kreditwürdigkeit des jeweiligen Unternehmens, abhängig ist.

Wie in der Einleitung bereits angeschnitten, sind Finanzierungssurrogate eine mögliche Alternative zum Bankkredit. Seit den 1960er-Jahren hat die Forfaitierung als Finanzierungsform bei Exportgeschäften zunehmend an Bedeutung gewonnen, ein klassisches Anwendungsgebiet sind z.B. der Maschinen- und Anlagenbau. Der Exporteur bzw. Forfaitist veräußert neben der offenen Rechnung des Weiteren das Ausfallrisiko im Falle von Zahlungsunfähigkeit bzw. bei nicht vorhandener Zahlungsbereitschaft des Kunden im Ausland an die Bank. Zudem erledigt der Käufer der Forderungen, der Forfaiteur, bei Bedarf anstehende Mahnungen und Inkassovorgänge, das exportierende Unternehmen spart in diesen Bereichen Aufwand und Kosten. Näheres zur Forfaitierung ist hier nachzulesen.

Ablauf einer Forfaitierung beim Leasing. / Quelle: http://www.verivox.de/themen/forfaitierung/

Ablauf einer Forfaitierung beim Leasing. / Quelle: http://www.verivox.de/themen/forfaitierung/

Der Exporteur kann die Forderungen nur veräußern, wenn bestimmte Vorgaben erfüllt sind:Die Forderungen müssen losgelöst vom Basisgeschäft des jeweiligen Unternehmens sein, es muss sich demnach um sogenannte abstrakte Forderungen handeln.Die Forderungen müssen des Weiteren abtretbar sein.Sie dürfen die Rechte von Dritten nicht tangieren.Zudem muss die Bank des Importeurs eine bestimmte Bonität aufweisen, damit sie im internationalen Zahlungsverkehr als kreditwürdig gilt.

Forfaitierung beim Leasing

Neben den Exportgeschäften wird die Forfaitierung auch bei Leasinggeschäften immer häufiger eingesetzt. Beim Leasing vermietet ein Leasinggeber (z.B. der Hersteller eines Gutes oder eine spezielle Leasinggesellschaft) ein wirtschaftliches Gut oder eine Dienstleistung (Leasingobjekt) über einen bestimmten Zeitraum an einen Leasingnehmer, beispielsweise ein Unternehmen. Für die Nutzung des Gutes bzw. der Dienstleistung zahlt der Leasingnehmer in regelmäßigen Abständen Gebühren in Form von Ratenzahlungen. Dies bedeutet, dass Unternehmen, die Leasing betreiben, gegen die Zahlung von finanziellen Mitteln einen Teil ihres Betriebsvermögens mieten und somit die Anschaffungskosten nicht aus eigenen Mitteln bezahlen müssen. Nach Ablauf der Vertragslaufzeit geht das Leasingobjekt wieder in den Besitzstand des Leasinggebers über. Weitere Informationen rund ums Thema Leasing sind an dieser Stelle nachzulesen.

Bei einer Forfaitierung beim Leasing bleibt es für den Leasingnehmer beim gewohnten Ablauf: Die Zahlungen des Leasingnehmers werden vom Leasinggeber als Refinanzierung in Form von Leasingraten an ein Kreditinstitut weitergereicht. Durch diese Zahlungen reduziert der Leasinggeber seine Verbindlichkeiten, die aus dem Leasinggeschäft resultieren. Der Kaufpreis für den Leasinggeber entspricht dem finanziellen Wert des Leasingobjektes abzüglich Mehrwertsteuer, die Kosten für die Verwaltung werden eingespart. Diese finanziellen Mittel kann die Leasinggesellschaft unter anderem für ein neues Leasingobjekt investieren, das sie wiederum vermietet.

Forfaitierung im öffentlichen Sektor

Im öffentlichen Sektor wird Forfaitierung vor allem im Rahmen von öffentlichen-privaten Partnerschaften angewendet. / pixabay.com © jfobe1 (CC0 1.0)

Im öffentlichen Sektor wird Forfaitierung vor allem im Rahmen von öffentlichen-privaten Partnerschaften angewendet. / pixabay.com © jfobe1 (CC0 1.0)

Im öffentlichen Sektor wird Forfaitierung vor allem im Rahmen von öffentlichen-privaten Partnerschaften (Public Private Partnership, PPP) angewendet. Darunter sind Kooperationen zwischen der öffentlichen Hand – Bund, Länder und Gemeinden, deren eigene Betriebe oder öffentliche Unternehmen - und der privaten Wirtschaft zu beiderseitigem Nutzen zu verstehen. Im Zuge dieser Partnerschaften sollen private Investoren für eine Entlastung der teilweise stark verschuldeten Städte und Kommunen hierzulande sorgen und die öffentliche Daseinsvorsorge, beispielsweise die Instandhaltung und der Ausbau der Infrastruktur sowie die Ausstattung von öffentlichen Schulen, finanziell unterstützen. Dies geht einher mit einer Privatisierung öffentlicher Investitionen, z.B. die Privatisierung von Stadtwerken. Im Rahmen einer öffentlichen-privaten Partnerschaft schließt die öffentliche Hand einen Vertrag mit einem Generalunternehmer, der für jedes Projekt eine eigene Projektgesellschaft gründet, die wiederum ihre eigenen Subunternehmer bestimmt.

Die Projektgesellschaft erklärt sich bereit, den Bau, die Sanierung, den Betrieb und auch die Finanzierung von öffentlichen Gebäuden und andere Aufgaben über mehrere Jahre, häufig über mehrere Jahrzehnte, zu übernehmen. / commons.wikimedia.org © E-W (CC BY-SA 3.0)

Die Projektgesellschaft erklärt sich bereit, den Bau, die Sanierung, den Betrieb und auch die Finanzierung von öffentlichen Gebäuden und andere Aufgaben über mehrere Jahre, häufig über mehrere Jahrzehnte, zu übernehmen. / commons.wikimedia.org © E-W (CC BY-SA 3.0)

Die Projektgesellschaft erklärt sich bereit, den Bau, die Sanierung, den Betrieb und auch die Finanzierung von öffentlichen Gebäuden und andere Aufgaben über mehrere Jahre, häufig über mehrere Jahrzehnte, zu übernehmen. Im Gegenzug verpflichtet sich die öffentliche Hand, über den vereinbarten Zeitraum die Miete zu bezahlen. Die Projektgesellschaft kann die Forderungen aus der Miete, aus Leasinggeschäften oder aus der Vergabe bestimmter Lizenzen an eine Bank im Rahmen einer Forfaitierung verkaufen. Das Kreditinstitut zahlt den Betrag mit den bei einer Forfaitierung üblichen Abzügen an die Projektgesellschaft aus. Des Weiteren spricht die öffentliche Hand als Schuldner im Regelfall einen Einredeverzicht aus. Dies bedeutet, dass das Kreditinstitut von Störungen innerhalb der Vertragsbeziehungen zwischen dem öffentlichen Auftraggeber und der jeweiligen Projektgesellschaft unberührt bleibt.

Die Vor- und Nachteile dieses Finanzierungsinstrumentes im öffentlichen Sektor werden unter Gliederungspunkt 4 aufgezeigt.

Anwendungsgebiete beim Factoring Factoring bei Exportgeschäften

Gegenstand des Factorings sind häufig künftige Forderungen. Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses sind die Forderungen zwar bekannt, es liegt jedoch noch kein verbindlicher Vertragsabschluss zwischen Exporteur und Importeur vor. Demnach handelt es sich hierbei um ein auf zukünftige Leistungen ausgerichtetes Finanzierungsinstrument. Zu diesem frühen Zeitpunkt des Geschäftes kann das Factoring eingesetzt werden, wenn sich das exportierende Unternehmen frühzeitig günstige Marktzugangsbedingungen sichern möchte, die eine zuverlässige Kalkulation des Exportgeschäfts ermöglichen sollen. Ein weiterer Grund für Factoring zu einem frühen Zeitpunkt kann in der Beschaffung des benötigten Kapitals liegen, damit der Exporteur das wirtschaftliche Gut bzw. den Gegenstand des Vertrags überhaupt erstellen kann.

Liquiditätserhöhung

Der Auftraggeber beim Factoring, d.h. das jeweilige Unternehmen, bekommt den Wert der abgetretenen Forderungen abzüglich der Sicherheiten vom Factor zur Verfügung gestellt. Für ein Unternehmen bedeutet dies die Sicherstellung der eigenen Liquidität, zudem können Zahlungsengpässe vermieden werden. Eine Tilgung bestehender Schulden durch die bereitgestellte Liquidität schlägt sich in der Unternehmensbilanz in einem verbesserten Verhältnis von Eigenkapital zu Fremdkapital wider und führt somit zu einer Erhöhung der Eigenkapitalquote.

Weiterhin hat das Unternehmen die finanziellen Mittel zur Begleichung der Lieferantenrechnungen und kann mitunter eingeräumte Skonti nutzen.

Sonderformen beim Factoring

Einige Anbieter von Factoring haben sich auf bestimmte Branchen und Bereiche spezialisiert. Im Handwerksbereich sowie im Baugewerbe wird die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) häufig angewendet. Beim VOB-Factoring verkauft der Auftraggeber seine Forderungen in einem offenen Verfahren an einen Factoring-Anbieter, der im Gegenzug die Kaufpreise für die Rechnungen auszahlt. Daneben finden sich spezialisierte Factoring-Anbieter für Freiberufler, Neugründung und Restrukturierung von Firmen sowie während der Insolvenz eines Unternehmens.

Vorteile und Nachteile beider Finanzierungsformen Vorteile der Forfaitierung

Unternehmen sind durch die Weitergabe der Forderung an einen neuen Gläubiger nicht auf die Zahlungsbereitschaft ihrer Kunden angewiesen. Auch im Falle langfristiger Laufzeiten können Firmen sicher die nächsten Investitionsschritte planen. Eine Forfaitierung bietet vor allem Unternehmen in der Exportbranche einige Vorteile bei der kreditunabhängigen Finanzierung. Die Vorteile im Überblick: Übernahme sowohl der wirtschaftlichen (z.B. durch mögliche Wechselkursschwankungen) als auch politischen Risiken durch den Ankäufer der Forderungen. Das Unternehmen tätigt die Finanzierungsgeschäfte auf Grundlage einer vorher feststehenden und somit sicheren Kalkulationsbasis, da die Forfaitierung zu einem festen Zinssatz erfolgt. Zinsschwankungen können somit ausgeschlossen werden. Der Erlös aus dem Verkauf der Forderungen fließt direkt an das Unternehmen, zudem besteht kein Risiko durch Wechselkursschwankungen, da eine sofortige Umrechnung des Verkaufserlöses in die entsprechende Währung erfolgt. Die Einnahmen können eingesetzt werden, um beispielsweise Kredite abzubezahlen, wodurch sich die Bilanzsumme verringert.

Entlastung der öffentlichen Haushalte durch Einsparungen bei den Zinsen aufgrund der günstigen Finanzierungskonditionen der öffentlichen Hand. / pixabay.com © Taken (CC0 1.0)

Entlastung der öffentlichen Haushalte durch Einsparungen bei den Zinsen aufgrund der günstigen Finanzierungskonditionen der öffentlichen Hand. / pixabay.com © Taken (CC0 1.0)

Im Kontext der Forfaitierung im öffentlichen Sektor werden folgende Vorteile aufgeführt: Entlastung der öffentlichen Haushalte durch Einsparungen bei den Zinsen aufgrund der günstigen Finanzierungskonditionen der öffentlichen Hand. Geringeres Risiko bei Zinsschwankungen, da während der Laufzeit der Forfaitierung langfristige Zinsbindungen mit dem privaten Investor vereinbart werden. Dies erhöht zudem die Planungssicherheit. Der Investor kann Einsparungen bei der Gewerbesteuer realisieren, da er keine Dauerschuldzinsen tilgen muss.

Nachteile der Forfaitierung

Das Unternehmen muss als Verkäufer der Forderungen hohe Kosten der Forfaitierung in Kauf nehmen. Die Absicherung gegen Zahlungsausfälle kann bis zu zehn Prozent des Warenwertes betragen, dies hängt im Einzelfall vom jeweiligen Exportland ab. Des Weiteren werden zusätzliche Kosten für die Aufsetzung des Vertrags, die Bonitätsprüfung des Schuldners, die regelmäßige Überprüfung seiner Zahlungsfähigkeit für Zinsen sowie für eine Marge fällig.

Im Falle des Leasings wird durch die Anwendung der Forfaitierung das Bonitätsrisiko des Unternehmens als Leasingnehmer vom Leasinggeber auf die Bank übertragen. Das Kreditinstitut erhält im Regelfall als Absicherung das Recht auf Erwerb des jeweiligen Leasingobjektes (das sogenannte Anwartschaftsrecht) bzw. die rechtlichen Befugnisse über das Eigentum bis der Leasingnehmer alle Leasingraten vollständig beglichen hat. Das Risiko eines Betrugs besteht für die Bank jedoch weiterhin, da an sie Forderungen übertragen werden können, die in der Realität überhaupt nicht vorhanden sind. Um ein Verlustgeschäft für die Kreditinstitute zu verhindern, greift in diesem Fall das sonstige Recht, die sogenannte Verität: Dies bedeutet, dass die Leasinggesellschaft bzw. das verkaufende Unternehmen für eine nie erbrachte Leistung, die die Grundlage für die nicht existente Forderung darstellt, kein Recht auf Auszahlung der finanziellen Mittel hat. Um das Betrugsrisiko zu minieren, überprüfen die Kreditinstitute die Leasingobjekte und verlangen darüber hinaus mitunter Haftungserklärungen oder weitere Sicherheiten.

Im Zusammenhang mit den öffentlich-privaten Partnerschaften nimmt der Einredeverzicht bei der Forfaitierung eine zentrale Rolle ein. Dabei verpflichtet sich die öffentliche Hand, die Miete an die Bank zu bezahlen, unabhängig davon, ob der private Investor mangelhafte Leistungen erbringt oder insolvent geht. Dies hat zur Folge, dass der öffentliche Auftraggeber im Endeffekt einen versteckten Kredit aufnimmt und sich verschuldet, häufig zu ungünstigeren Bedingungen als etwa bei der Aufnahme eines Kommunalkredits.

Hinzu kommt, dass die Bank als Folge des Einredeverzichts den Vertrag an andere Kreditinstitute verkaufen kann, somit werden aus Mietverträgen verbriefte Finanzprodukte. Zudem sind die Vertragswerke zwischen den involvierten Beteiligten häufig intransparent oder werden auf Wunsch der privaten Investoren geheim gehalten.

Vorteile des Factorings

Wie bereits oben erwähnt, übertragen die Unternehmen beim Factoring riskante Posten auf einen Factor und bekommen nach kurzer Zeit nahezu die komplette Forderungssumme ausgezahlt. Firmen reduzieren hierdurch das Risiko für das Unternehmen als Ganzes. Dies hat zum einen positive Auswirkungen auf die Eigenkapitalrendite, zum anderen kann im Falle eines niedrigen Ausfallrisikos bei den verkauften Forderungen die Bonität des Unternehmens gesteigert werden. Dies wiederum erleichtert den Zugang zu Fremdkapital.

Bei einigen Formen des Factorings können die Unternehmen einige Aufgaben zur Entlastung an den Factor übertragen. So übernimmt der Factor beim sogenannten „Inhouse-Factoring“ die Finanzierung sowie das Delkredererisiko, d.h. das Zahlungsausfallrisiko durch die nicht bzw. nicht fristgerechte Erfüllung der ausstehenden Zahlung durch den Käufer. Nach Abschluss des Mahnverfahrens wird der Factor zudem mit dem Einzug der Forderung beauftragt. Die Debitorenbuchhaltung inklusive Mahnwesen wird weiterhin vom Unternehmen erledigt.

Nachteile des Factorings

Ebenso wie die Forfaitierung ist auch das Factoring mit hohen Kosten für das Unternehmen, das die Forderungen veräußert, verbunden. Die Gesamtkosten hängen davon ab, welche Aufgaben der Factor zusätzlich zum eigentlichen Factoring-Geschäft erfüllen soll. Ein weiterer Nachteil sind mögliche Imageprobleme für den Verkäufer, wenn die Kunden den Verkauf von Forderungen nicht als Mittel zur Beschaffung von Liquidität, sondern als finanzielle Schwäche ansehen.

Forfaitierung und Factoring für mittelständische Unternehmen – Wann lohnt sich welche Finanzierungsform?

Mittelständische Unternehmen, die die Veräußerung aller Rechnungen vermeiden wollen, wird mit der Forfaitierung ein sicheres Finanzierungsinstrument bereitgestellt. Forfaitierung hängt in großen Stücken von der Bonität des Kunden bei Exportgeschäften ab. Die Kosten für die angekaufte Forderung orientieren sich stärker an der Liquidität des Schuldners als an der Bonität des Verkäufers der Forderung. Wenn das exportierende mittelständische Unternehmen Kunden mit hoher Bonität aufweist, die zudem die offenen Rechnungen stets fristgerecht bezahlen, rechnen sich die Kosten für eine Forfaitierung häufig nicht.

Factoring bietet die Möglichkeit, diese Finanzierungsform mit anderen Finanzierungsinstrumenten zu kombinieren. Hierzu zählt beispielsweise das Debitorenmangement bzw. Forderungsmanagement, das die Bereiche Debitorenbuchhaltung, Bonitätsprüfung, Mahnungen sowie Inkasso-Vorgänge umfasst. Mittelständische Unternehmen, die nicht die Ressourcen für ein breit aufgestelltes Rechnungswesen haben, können die Pflege des Forderungsbestandes und das Kundenmanagement in den genannten Bereichen an den Factor übertragen. Die Firmen können somit bei der Buchhaltung sowie in steuerrechtlichen Angelegenheiten Kosten einsparen. Der reduzierte Kundenkontakt, der in der Regel mit dem Abschluss eines Factoring-Vertrages einhergeht, kann den mittelständischen Unternehmen jedoch die Möglichkeit nehmen, in einem persönlichen Gespräch über die ausstehenden Zahlungen mit dem jeweiligen Kunden zu sprechen. Dies kann die Geschäftsbeziehungen belasten.

Fazit

Für Unternehmen ist wichtig, dass sämtliche Finanzdienstleistungen, somit auch die Forfaitierung und das Factoring, auf Verträgen basieren. Wie vor jedem Vertragsabschluss sollten die Vertragspartner sich über die Inhalte und  Konsequenzen für das Unternehmen  vollkommen sicher sein. Dies umfasst die klare Beurteilung der wirtschaftlichen, rechtlichen sowie steuerrechtlichen Folgen.

Genauso wie die Bank im Falle eines Leasinggeschäftes in der Regel Transparenz über den Wert Leasingobjekte einfordert, sollten mittelständische Exportunternehmen auf das Vorlegen von aussagekräftigen Beweisen für die Bonität des jeweiligen Kunden bestehen.

Durch rechnerische Vergleiche sowie fachkundige Beratung von Finanzierungsexperten können sich Unternehmen entsprechendes Know-how einholen. Wie bei allen Finanzierungsformen wird ein Stück Unsicherheit immer mitschwingen, da sich beispielsweise die äußeren Umstände wie wirtschaftliche Entwicklungen und politische Ereignisse über einen längeren Zeitraum nur schwer prognostizieren lassen.

Zum Artikel

Erstellt:
20.05.2015, 15:00 Uhr
Lesedauer: ca. 9min 37sec
zuletzt aktualisiert: 20.05.2015, 15:00 Uhr

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