Tübingen

Försterweisheit

Der frühere Rottenburger Forsthochschul-Professor Roland Irslinger antwortet auf Leserbriefe von Werner Zorn (10. Mai) und Jürgen Lücke (13. Mai).

25.05.2022

Von Roland Irslinger, Tübingen

Herr Lücke verwechselt da was. Es ist alte Försterweisheit, dass der Wald mit geschlossenem Kronendach Vorteile in Trockensommern hat. Dies ist Leitmotiv im Stadtwald seit Jahrzehnten. Trockene Sommer für sich genommen sind Witterungsschwankungen und gar nicht das Problem. Der Klimawandel ist aber keine Schwankung sondern ein Trend, der dazu führt, dass unser heutiges Klima demnächst endgültig der Vergangenheit angehört. Wohin die Reise geht, zeigt die Vegetationsgeografie des Mittelmeerraumes unmissverständlich. Wälder in Trockengebieten wachsen nicht deshalb weniger dicht, damit sie weniger verdunsten, sondern damit mehr Regen zwischen den Baumkronen auf den Boden fällt und die Bäume mehr Wasser mit den Wurzeln aufnehmen können. So passen sich Wälder dem Klima an, überall auf der Erde. Darum ist auch das Wäschebeispiel falsch. Auch Herr Zorn irrt, wenn er sagt, der Stadtwald speichere jährlich 800000 Tonnen CO2. Das ist physikalisch wie chemisch unmöglich, tatsächlich absorbiert der Stadtwald jährlich etwa 20000 Tonnen CO2. Diese jährliche Rate würde mit asymptotischer Tendenz abnehmen und absehbar sogar ins Negative rutschen, wenn wir Däumchen drehen wie die Lübecker.