Tübingen

Fluchtweg

Das TAGBLATT unterhielt sich mit dem Tübinger Bio-Psychologen Hartmut Leuthold über die Willensfreiheit („Es ist nicht alles vorbestimmt“, 30. Januar).

02.02.2018

Von Gebhard Xaver Bock, Tübingen

Ein gefährliches Thema stellt die Verantwortung infrage. Wer verantwortet mein Tun, wenn ich es nicht bestimmen kann. Da zitiere ich aus meinem Buch „Die Schuld des Schweigens“:

„Der erste Sündenfall war ein Akt der Menschwerdung (–). Adam und Eva taten den Schritt vom instinktiven zum bewussten Handeln. Indem sie vom Baum der Erkenntnis aßen, erkannten sie ihre Schuld.“ (Anstatt „ihre Schuld“ hätte ich auch ihr Wissen oder ihre Freiheit schreiben können). „Die Schöpfung ist noch nicht vollendet. Wir haben das Ziel noch nicht erreicht. Im Wissen darum, dass wir die letzte göttliche Vollkommenheit (–) nicht erlangen können, wollen wir doch nach ihr streben. (–) Indem er (der Mensch) den richtigen Umgang mit seinem Wissen erlernt und es zum Gedeihen der Schöpfung einsetzt, kann sich die Schuld des Wissens in die Unschuld der Weisheit verwandeln.“

Im Sündenfall wurde uns die Verantwortung in die Hände gelegt. Determinismus ist ein Fluchtweg aus dieser Verantwortung. Wir werden ihr gerecht, indem wir unserer Individualität moralische Substanz anheften. Dies ist Befriedigung im Werden. Am Ende wird unser Tun (die Entscheidung) dieser moralischen Substanz, unseren Begabungen und Bedürfnissen entsprechen.