Wirtschaftsfaktor Handwerk

Feuer und Flamme

Andreas Schweikert ist Messerschmied mit Leib und Seele. In seiner Werkstatt in Mössingen-Talheim schmiedet er Messer, Äxte und Werkzeuge. Seine Leidenschaft für Feuer und Stahl erkannte der Talheimer schon in jungen Jahren.

15.12.2017

Von TEXT: Elena Eble|FOTOs: Unternehmen

Die Werkstatt in Talheim gehörte früher einmal zum Bauernhof. Nach und nach hat Andreas Schweikert sie vergrößert. Wo früher einmal Pferdekutschen standen, werden jetzt Messer entworfen und geschmiedet.

Die Werkstatt in Talheim gehörte früher einmal zum Bauernhof. Nach und nach hat Andreas Schweikert sie vergrößert. Wo früher einmal Pferdekutschen standen, werden jetzt Messer entworfen und geschmiedet.

Es ist ein Winterabend im November. Draußen ist es kalt und bereits stockfinster. Der Bauernhof befindet sich am Ortsrand von Mössingen-Talheim. Sehen kann man nicht viel, bis auf einige hell erleuchtete Fenster im hinteren Teil des Bauernhofes. Ein kleines Schild weist darauf hin, was einen hinter den Fenstern erwartet: „Schmiede Schweikert“. Auf ein Klopfen geht die schmale Holztür auf. Durch die eigentliche Schmiede führt der Weg in die gemütliche Werkstatt. Ein wärmendes Feuer brennt und Andreas Schweikert bietet freundlich lachend einen heißen Tee an.

Andreas Schweikert ist Messerschmied. In der eigenen Werkstatt in Talheim arbeitet er seit über 23 Jahren. Mittlerweile hauptsächlich am Wochenende und an den Abenden. An den restlichen fünf Wochentagen geht er einem „normalen“ Job nach und wohnt in Pfrondorf. Am liebsten verbringt er seine Zeit aber in seiner Werkstatt, die früher übrigens einmal zum Bauernhof gehörte. „Wo wir hier sitzen, standen einst Pferdekutschen“, merkt Schweikert an. Davon ist kaum noch etwas zu erkennen. Eine lange Werkbank mit Blick ins Freie ist der Mittelpunkt der Werkstatt, an den Wänden über der wohligen Sitzecke mit Kamin hängen Werkstücke und Auszeichnungen, man merkt: Hier wird kreativ gearbeitet. Vom praktischen Vespermesser über kunstvolle Sammlermesser bis hin zum exotischen Tomahawk schmiedet der sympathische Handwerker alle Werkzeuge selbst. Angefangen hat seine Passion für die Schmiedekunst eigentlich in einer ganz anderen Branche – und schon sehr früh. „Meine Familie hatte schon immer Pferde. Als kleiner Junge war ich fasziniert, wenn der Hufschmied kam, um die Pferde zu beschlagen“, erinnert sich Schweikert zurück. „Der Vorgang, wie der Schmied die Hufeisen im Feuer formte, begeisterte mich.“ Der Berufswunsch war spätestens nach einem zweiwöchigen Praktikum als Hufschmied klar – und änderte sich auch nicht mehr. Man merkt, er hat seinen Traumberuf gefunden.

Nach der Schule ging Andreas Schweikert in der Schmiede Leippert auf der Schwäbischen Alb in Lehre. Nach vier Gesellenjahren besuchte er die Meisterschule in Göppingen und ist seit 1995 Schmiedemeister. Dass er etwas anderes als Hufeisen schmieden möchte, merkte er schnell: „Ich versuchte schon in meiner Jugend, Messer aus flachgeschlagenen Nägeln und Isolierband als Griff herzustellen“, erzählt er. Heute schmiedet Schweikert die Klingen der Messer aus unlegierten und niedriglegierten Stählen. „Die Arbeit beginnt mit der Stahlauswahl. Wie bei vielen Dingen muss auch hier Material und Nutzung zusammen passen“, erklärt er. Für die Damastklingen stellt Andreas Schweikert den Damast selbst her. Für die Griffe verwendet er natürliche Materialien wie Holz, Horn, Geweih und Knochen. Die Lederscheiden werden aus hochwertigem Blankleder von Hand genäht. Über die Jahre vergrößerte Schweikert die Werkstatt nach und nach – denn Bedarf war und ist nach wie vor da. Seine Messer sind größtenteils Auftragsarbeiten. Außerdem besucht der Messerschmied bis zu viermal im Jahr spezielle Messen in ganz Europa, auf denen er seine Werkstücke präsentiert. Die Messebesuche seien wichtig, um zu sehen, was der Kunde eigentlich möchte. Oder auch, um Einzelstücke an ihre Besitzer zu bringen. „Teilweise nehme ich ein Messer über ein Jahr mit auf Messen. Kurz bevor ich es dann für mich selbst behalte, findet sich plötzlich ein Liebhaber, der genau dieses Messer möchte“, berichtet Schweikert lachend. Auch der Austausch mit anderen Messerschmieden sei besonders wichtig in der Branche. „Wir sind eigentlich wie eine große Familie, man sieht sich immer wieder“, erzählt der gebürtige Talheimer von seinen Kollegen.

Sich selbst bezeichnet Andreas Schweikert als Kunsthandwerker. „Ich stelle ausschließlich Messer her, die mir auch selbst gefallen“, erklärt er. Denn sonst würde die Kreativität seiner Arbeit verloren gehen. Sein jahrelang angeeignetes Wissen teilt der Schmiedemeister gerne: Einmal im Monat bietet er Messerschmiedekurse an. Im zweitägigen erlernen die Teilnehmer die Grundlagen, die notwendig sind, um aus einem Stück Stahl und Holz ein Messer zu bauen. Und das Angebot wird mehr als gut angenommen. Die Schmiedekurse sind fast immer ausgebucht, es gibt sogar eine Warteliste. Gebucht wird der Messerschmiedekurs meist von Männern, aber auch Frauen sind durchaus interessiert. „Ich überlege, in Zukunft auch einen Schmiedekurs speziell für Frauen anzubieten“, erzählt Schweikert von seinen Plänen.

Wenn Schweikert von seiner Arbeit erzählt wird klar: Er ist Schmied aus Leidenschaft. Und trotz Auftragsarbeiten, Messebesuchen und Schmiedekursen ist ihm vor allem eines wichtig: „Natürlich möchte ich die Wünsche meiner Kunden umsetzen. Aber ich möchte immer auch meine eigenen kreativen Ideen umsetzen. Schließlich stelle ich ja auch meine ganz persönlichen Messer-Schätze her.“

Andreas Schweikert verbringt am liebsten Zeit in seiner Werkstatt.

Andreas Schweikert verbringt am liebsten Zeit in seiner Werkstatt.

Am Anfang jedes Messers steht der richtige Stahl, der dann in Form geschmiedet wird.

Am Anfang jedes Messers steht der richtige Stahl, der dann in Form geschmiedet wird.

Feuer und Flamme