Fest für Familien und Metalheads

U&D auf dem Mössinger Hegwiesengelände mit 19 Bands und rund 3500 Besuchern

Das war zwar weniger Publikum als in den Vorjahren, dafür gab es aber wieder ein vielseitiges Lineup und herausragende Stimmung.

29.07.2018

Von Claudia Jochen & Julian Jochen-Warth

Die Frage nach dem Wetter am bevorstehenden Wochenende beantworten manche in Mössingen vor dem U&D scherzhaft so: „Es ist U&D – also wird es regnen.“ Anlässlich der 34. Ausgabe am Wochenende hatte der Wettergott aber offensichtlich keine Lust auf Schlammschlachten. Es blieb durchgehend trocken. Am Freitagabend ging es mit den lokalen Bands Bad Saints und Black Matic auf der Hauptbühne gleicht recht hart zur Sache, während Stumfol & Band in etwas ruhigerer Singer-Songwriter-Manier die Reihe der Zeltkonzerte eröffnete.

Viele Familien nutzen den frühen Sommerabend zum Festivalausflug: Die Eltern besorgen an den Ständen Essen, während die Kinder verschwitzt aus den durchsichtigen Plastikkugeln vom Bubblesoccer krabbeln. Auf der Hauptbühne geht man mittlerweile bluesrockig zu Werke. Die Würzburger Formation Zeremony klingt zunächst nach der Schnittmenge aus Mötley Crüe und Stone Temple Pilots und entwickelt ihren Sound im Laufe des Auftritts auch dank ebenso offensivem wie virtuosem Hammond-Einsatz zum vielbeklatschten Bluesrock-Spektakel. The Bloodstrings sind am späteren Abend als Zeltheadliner für eine bemerkenswerte Psychobilly-Show verantwortlich. Einen so rasant und doch präzise geslappten Kontrabass wie den von Bassist Nick Josten hatte man auf dem U&D zuletzt vor Jahren beim Auftritt der Schweizer Band Peacocks zu Gehör bekommen. Das Zelt ist noch vereint am Pogo tanzen, als Hauptbühnen-Headliner The Restless sich zum Unmut einiger Gäste viel Zeit beim Soundcheck lässt. Allzu komplex war deren melodischer Punkrock dennoch nicht. Die eingängige Mischung aus Antiflag und Green Day mit einem letzten Rest Sid Vicious in der Stimme von Sänger Tom Wörl kommt vor allem beim jüngeren Publikum gut an.

U&D-Band der ersten Stunde

„So wie hier gepoged wird, scheint ihr in Mössingen eine richtig gute Jugendarbeit zu machen“, lobt der Frontmann. Für Klaus Preisendanz ist allerdings der anschließende Act auf der Zeltbühne der eigentliche Höhepunkt des Abends: „Es freut mich riesig, dass mit Y-Front eine U&D-Band der ersten Stunde spielt“, meint der Mössinger Ordnungsamtsleiter, der wie viele mit der ganzen Familie zum Festival gekommen ist. Und er ist mit seiner musikalischen Vorliebe nicht alleine. Bis weit hinter das Zelt reicht die bangende Menge der Metalheads.

Als am Samstagabend die Stuttgarter Band Eau Rouge die letzte Zugabe gespielt hat, freut sich Tanja Ohler, dass das 34. U&D ohne Zwischenfälle und nahezu reibungslos über die Bühne gegangen ist – und die Bands beim bunt gemischten Publikum prima angekommen sind. Seit mittlerweile zehn Jahren ist sie beim Orga-Team dabei: „Meine Kolleginnen in Stuttgart wissen ganz genau, dass ich vor dem U&D anderthalb Wochen Urlaub nehme.“ Schließlich muss sie gemeinsam mit den anderen vom Team an die 300 Helfer koordinieren. Egal ob vom Liederkranz Talheim, der Chorgemeinschaft Mössingen oder Gemeinderäte – viele Vereine und Organisationen aus dem Steinlachtal helfen ehrenamtlich mit. Sogar aus Plochingen und Reutlingen kommen die Freiwilligen: Der 30-jährige Georgios macht zum ersten Mal als Thekenkraft mit an diesem Wochenende. Mit Knopf im Ohr sind die einzelnen Posten ausgerüstet, und kurz bevor der DJ im Festzelt seine Platten für die Aftershow-Party auflegt, quäkt es aus der Buchse: „Ihr könnt jetzt da drüben loslegen.“ Gemeint ist die Hauptbühne. Dort soll direkt nach dem Auftritt der letzten Band mit dem Abbau begonnen werden. „Die Atmosphäre hier ist sehr familiär und total entspannt“, freut sich Timo Linsenmayr, das Oberhaupt der zehnköpfigen Securitytruppe: „Da habe ich schon andere Festivals erlebt.“

Bereits um kurz vor fünf war das Gelände am zweiten Festivaltag gut gefüllt, etliche Familien relaxten zum Sound der Nachwuchs-Hiphopper von Meye, dem Rottenburger Wir-Sing-Klan oder den Güterschuppen-Allstars. Auch The Hunting Elephants, die an diesem Abend den Zeltbühnen-Headliner machten, begeisterten noch zahlreiche Familien mit Kindern, dabei war es schon weit nach 22 Uhr. „Das ist wie Weihnachten, wenn man alle Freunde von früher trifft“, beschreibt Besucherin Lina Gelse das Festival. „Wir kommen jedes Jahr, wenn wir es einrichten können“, meint ihr ehemaliger Klassenkamerad Benjamin Kreuscher.

Dorina Tuono vom Orga-Team erklärt lachend: „Wir lernen jedes Jahr neu aus unseren Fehlern.“ Jetzt ist aber erstmal ein Monat Pause, damit die jungen Veranstalter ausspannen kann: „Anfang September geht es mit den Planungen für das 35. U&D los“, kündigt Tanja Ohler an. Das familiäre Musik-Event muss dann wieder vom Team Backstage, dem Platzteam, von den Sponsorakquisiteuren und etlichen anderen Organisationsgruppen gestemmt werden: Nach dem Festival ist schließlich vor dem Festival.