Nachruf · Dietmar Rau

Fasnetsfreund mit Familiensinn

Nachruf Dietmar Rau, stellvertretender Personalleiter an der Tübinger Uniklinik und Zunftmeister der Gomaringer Käsperle, ist mit 54 Jahren überraschend verstorben. Sein tragischer Tod trifft die Familie und Weggefährten hart.

06.11.2016

Von Gabi Schweizer

Dietmar Rau Bild: Kemmler

Dietmar Rau Bild: Kemmler

Loslassen können. Den Kopf frei kriegen. So beschrieb Dietmar Rau bei einem TAGBLATT-Interview einmal, weshalb er sich so sehr für die Fasnet begeisterte. In seiner Heimatgemeinde Gomaringen kannte man den 54-Jährigen vor allem als launige Reden schwingenden Zunftmeister der Käsperle. Außerhalb der närrischen Jahreszeit jedoch hatte er einen verantwortungsvollen Posten: Er war stellvertretender Personalleiter am Tübinger Uniklinikum. Am 29. Oktober ist Dietmar Rau ganz plötzlich und unerwartet gestorben.

„Die Familie war ihm sehr wichtig“, erzählt seine Frau Sabine Gartung-Rau – auch wenn neben Beruf und Ehrenamt wenig Zeit blieb. Zwei inzwischen erwachsene Söhne haben die Eheleute. Neun Nichten und Neffen wurden in Gomaringen groß „Er war immer für alle der Onkel.“ Und offensichtlich eine beliebte Anlaufstelle – auch dann noch, als aus den Kindern junge Erwachsene geworden waren. Sabine Gartung-Rau erinnert sich an spontane Besuche und an die „tollsten Diskussionen“ beim letzten Weihnachtsfest, als plötzlich die halbe Großfamilie in ihrem Haus versammelt war.

Als besonders „familienfreundliche“ Zunft gelten nicht ganz zufällig die Gomaringer Käsperle. Wenn diese eine Fasnetsveranstaltung besuchen, so erzählte Rau einmal dem TAGBLATT, dann frage er im Bus zuerst nach, bis wann die Babysitter gebucht sind. Entsprechend früh fahre man wieder zurück. Ein großes Verantwortungsgefühl auch für die ihm anvertrauten feierbegeisterten Jugendlichen ließ er in jenem Interview durchblicken: „Ich nehme 21 Leute mit und bringe 21 wieder nach Hause.“

„Die Zunft war sein Ding“, erzählt der stellvertretende Zunftmeister Christoph Alznauer, der die Käsperle nun kommissarisch leitet. Rau kannte er als „lockeren, lustigen Typen“, der unermüdlich organisierte, im Verein verschiedene Generationen zusammenbrachte und zugleich hervorragend „schwätzen“ konnte. „Versteckt das Mikro vorm Dietmar“, soll es bei der Fasnet immer wieder geheißen haben. Denn einmal in Fahrt gekommen, fand der Moderator vermeintlich kein Ende. „Letztendlich war er mehr ein Freund als ein Chef, der vorne steht“, sagt Alznauer.

Dietmar Rau war als Jugendlicher mit seiner Familie von Tübingen nach Gomaringen gezogen. Sein Vater, ein Sozialdemokrat, war hier viele Jahre Vorsitzender der Arbeiterwohlfahrt. Der Sohn trat zwar nie in die SPD ein, aber er kandidierte bei der letzten Wahl für den Gemeinderat. Das Ehrenamt fördern und unterstützen – das sei neben der Ortsentwicklung sein wichtigstes Anliegen gewesen, erinnert sich die SPD-Fraktionsvorsitzende Elvira Fischer: „Ich habe ihn als schnellen Erfasser und Denker kennengelernt, der auch ungemein witzig sein konnte und dem sein Ehrenamt bei den Käsperle sehr wichtig war.“ 816 Stimmen erhielt Rau damals – das reichte nicht ganz für ein Mandat.

An Aufgaben mangelte es ihm auch so gewiss nicht. An der Tübinger Uniklinik, einem 9000-Mitarbeiter-Betrieb, war er stellvertretender Geschäftsbereichsleiter Personal und Leiter der Abteilung Arbeitszeit- und Konfliktmanagement – und damit gewissermaßen das Verbindungsglied zwischen Verwaltung und Personalrat. „Er wird eine Lücke reißen, auch für uns“, sagt dessen Vorsitzende Angela Hauser. Gerade sie, die so oft auf der anderen Seite des Verhandlungstisches saß und manches schwierige Gespräch mit Rau austragen musste, ob es nun um eine Kündigung oder eine Abmahnung ging, ist tief bestürzt über den plötzlichen Tod. Rau habe stets Menschlichkeit gezeigt, sei pragmatisch und lösungsorientiert vorgegangen. „Wir waren nicht immer einer Meinung, aber wenn ich ein Problem hatte, bin ich zum Herrn Rau gegangen.“ Und sie schätzte sein Fachwissen: Im Arbeitsrecht und bei den Tarifverträgen habe er jedes Detail gekannt. „Er hat vieles in seiner Person vereint.“ Auch eine gewisse Neugier. Dass er beim Streik vorbeischaute, schreibt Hauser nicht nur seiner Position in der Verwaltung zu. „Ich glaube, es hat ihn auch einfach interessiert.“

Von „zahlreichen positiven charakterlichen Eigenschaften“ schreibt Raus Vorgesetzter Christian Anton. Das Uniklinikum verliere „eine tragende Säule“ in der Personalabteilung.

Die Trauerfeier ist am Mittwoch, 16. November, um 13.30 Uhr in der evangelischen Kirche in Gomaringen. Anschließend wird Dietmar Rau im engsten Familienkreis beigesetzt.