Allein in der Fremde

Familien für minderjährige Flüchtlinge gesucht

Das Kreisjugendamt sucht Gastfamilien für minderjährige Flüchtlinge, die ihre Heimat ohne Familie verlassen mussten. Dabei handle es sich nicht um Pflegefamilien im herkömmlichen Sinn, sondern um ganz praktische Orientierungshilfen der Jugendlichen in der für sie fremden Kultur, heißt es in einem entsprechenden Aufruf.

15.12.2015

Reutlingen. Die anhaltend hohen Zahlen von Flüchtlingen sind für den Landkreis Reutlingen eine große Aufgabe. Dazu gehört auch die Unterbringung und Betreuung von unbegleiteten Minderjährigen, die ihre Heimat ohne ihre Familien verlassen mussten. Wie das Landratsamt mitteilt, wurden dem Landkreis mehr als 100 unbegleitete minderjährige Ausländer zugeteilt (Stand: Anfang Dezember).

Das Kreisjugendamt hat für sie ein abgestuftes Betreuungsangebot erarbeitet, das sich an den jeweiligen Bedürfnissen der unbegleiteten Kinder und Jugendlichen orientiert. So haben diese unter anderem im Kolpinghaus, in der Oberlin-Jugendhilfe, beim Internationalen Bund oder bei Pro Juventa ein vorübergehendes Zuhause in Wohngruppen oder im betreuten Jugendwohnen gefunden.

Eine wertvolle Ergänzung dafür wären „sogenannte Gastfamilien“, erklärt Reinhard Glatzel, Leiter des Kreisjugendamts. Aus diesem Grund sucht das Amt derzeit Familien, die einen unbegleiteten minderjährigen Ausländer aufnehmen möchten. Wer als Gastfamilie einen minderjährigen Flüchtling aufnehmen möchte, so Glatzel, sollte nicht die Erwartung haben, die Familie des jungen Menschen im Heimatland ersetzen zu müssen: „Die meisten unbegleiteten Flüchtlinge sind zwischen 14 und 17 Jahre alt. Für sie ist der Begriff ‚Familie‘ oftmals zu eng – sie benötigen einen geschützten Raum und verlässliche Ansprechpartner. Dessen muss sich die Gastfamilie im voraus bewusst sein.“

Die Gastfamilie sei somit keine Pflegefamilie im herkömmlichen Sinn, auch bestehe nur ein eingeschränkter Erziehungsauftrag. Viel wichtiger sei es, bei der Orientierung in einer fremden Kultur, bei Kontakt mit Ämtern oder bei Arztbesuchen behilflich zu sein und das Erlernen der deutschen Sprache zu unterstützen.

„Die jungen Menschen benötigen einen Platz zum Leben und eine Perspektive für die Zukunft“, weiß Andreas Bauer, Sozialdezernent. „Viele von ihnen haben den Wunsch, einen Schulabschluss zu machen und einen Beruf zu erlernen. Das Modell der Gastfamilie ist für viele ein guter Ort, um in Deutschland anzukommen und die Kultur kennenzulernen.“

Aktuell würden zwischen 30 und 40 Plätze in Gastfamilien gesucht, erklärt Glatzel. Als Gastfamilie können sich verheiratete oder alleinstehende Personen mit und ohne Kinder bewerben.ST

Info: Bei Interesse kann über eine Hotline mit Ursula Franzke-Rau oder Elisabeth Geider vom Zentralen Pflegekinderdienst des Kreisjugendamts Kontakt aufgenommen werden (Hotline-Telefon, Montag bis Donnerstag von 11 bis 12.30 Uhr unter 07121/480-4088 oder über E-Mail: jugendamt@kreis-reutlingen.de).