Tübingen · Abschiebung

Fall Waqas: Palmer kontert Rosemann

Die Stadt Tübingen erteilt Bilal Waqas (35) keine Aufenthaltsgenehmigung. Das hatte der SPD-Bundestagsabgeordnete Martin Rosemann kritisiert. Nun kontert OB Boris Palmer.

22.01.2020

Von ST

OB Boris Palmer in seinem Dienstzimmer. Archivbild: Ulrich Metz

OB Boris Palmer in seinem Dienstzimmer. Archivbild: Ulrich Metz

Nach der Kritik von Martin Rosemann hat Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer am Dienstagabend reagiert. In seinem Brief an den Tübinger Bundestagsabgeordneten erklärt Palmer, weshalb die Stadt im Rahmen ihres Ermessens korrekt gehandelt habe und nennt entsprechende Paragraphen (siehe Kasten). Diese Auffassung, so Palmer, sei „höchstrichterlich bestätigt“. Er habe die Rechtslage durch das städtische Rechtsamt nach Rosemanns Pressemitteilung nochmals prüfen lassen.

„Es bleibt also dabei, dass die Rechtslage der Stadt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nicht gestattet hat, wohingegen dies im Rahmen eines Visumsverfahren nun möglich ist“, so Palmer weiter. Es sei bedauerlich, „dass die Stadt und die handelnden Beamten durch die falschen Darstellungen des örtlichen Abgeordneten in ein falsches Licht gerückt werden“. Der einzig gangbare Weg sei ein schnelles Verfahren zur Familienzusammenführung aus Pakistan heraus. „Für Unterstützung in dieser Frage wäre ich dankbar“, schließt Palmer sein Schreiben.

Bilal Waqas ist Ende 2013 aus Pakistan nach Deutschland eingereist und hat unter falschem Namen einen Antrag auf Asyl gestellt. Nachdem dieser abgelehnt wurde, heiratete er seine deutsche Freundin und beantragte bei der Stadt Tübingen eine Aufenthaltserlaubnis – diesmal unter richtigem Namen. Den Strafbefehl, den er wegen der falschen Angaben bekommen hatte, bezahlte er. Die Stadt verwehrte ihm unter anderem wegen dieses Strafbefehls den Aufenthalt. Waqas‘ Anwalt Ernst Adolf Egerter klagte gegen diese Entscheidung der Stadt. Das Schreiben Egerters erreichte das Verwaltungsgericht Sigmaringen am 8. Januar. Am frühen Morgen des 7. Januar wurde Waqas nach Islamabad abgeschoben. Er muss nun bei der Deutschen Botschaft Islamabad ein Visum zur Familienzusammenführung beantragen. Waqas hat keinen Aufenthaltstitel und auch keine Duldung.

Auszug aus Palmers Schreiben im Wortlaut

Grundsätzlich ist die Aussage richtig, dass der Ausländerbehörde bei der Prüfung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG (kein Ausweisungsinteresse, hier das Ausweisungsinteresse wegen der abgeurteilten Straftat und Falschangaben zur Identität ggü. den Behörden) im Rahmen der Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung nach § 28 AufenthG (familiäre Gründe, Ehegattennachzug) ein Ermessen zukommt.

Hier bestand allerdings eine Besonderheit, da hier wegen des erfolglosen Asylverfahrens der § 10 Abs. 3 AufenthG vor einer Ausreise zu Anwendung kommt. Hier muss nach der herrschenden Meinung ein strikter Anspruch auf einen Aufenthaltstitel bestehen, d.h. der Anspruch darf gerade nicht von einer Ermessensentscheidung abhängen. Dies ist vielfach höchstrichterlich bestätigt.

Auch ein Anspruch aufgrund einer sog. Ermessensreduktion auf Null ist nach der herrschenden Meinung nicht ausreichend; selbst wenn man hier der anderen Auffassung folgen würde, so läge eine Ermessensreduktion auf Null m.E. hier gerade nicht vor.

Nach der Ausreise ist im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen einer Aufenthaltsgenehmigung nach § 28 AufenthG eine Ermessensausübung im Hinblick auf ein mögliches Ausweisungsinteresse i.S. des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG vorzunehmen.

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Erstellt:
22.01.2020, 06:54 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 25sec
zuletzt aktualisiert: 22.01.2020, 06:54 Uhr

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