Ein High-Tech-Bau für 135 Millionen Euro

Fakten über den Reutlinger Scheibengipfeltunnel unter der Achalm

90.000 Kubikmeter Beton und 8000 Tonnen Stahl sind verbaut worden. Zu Spitzenzeiten waren 130 Arbeiter unter der Achalm im Einsatz.

27.10.2017

Von Thomas de Marco

Insgesamt 1,9 Kilometer lang ist der Tunnel, in dem durch viele Kameras jeder Quadratzentimeter eingesehen werden kann.Archivbild: Haas

Insgesamt 1,9 Kilometer lang ist der Tunnel, in dem durch viele Kameras jeder Quadratzentimeter eingesehen werden kann.Archivbild: Haas

Es war der 18. August 2009, als beim Pfullinger Südbahnhof rund 400 Leute zusammenkamen, um den Spatenstich für den Scheibengipfeltunnel zu verfolgen. Darunter auch etwa 50 schwarz gekleidete Gegner aus Reihen der Bürgerinitiative Pro Achalm, des BUND und der Bürgerinitiative gegen die Dietwegtrasse. Auch 50 Lichtensteiner Gemeinderäte, Rathausmitarbeiter und Bürgermeister Helmut Knorr taten ihre Sorge kund, dass sich wegen des Tunnels noch mehr Verkehr im oberen Echaztal stauen werde. Ungeachtet dessen sprach OB Barbara Bosch von einem großen Tag für Reutlingen und nannte den Albaufstieg die logische Fortsetzung für die Verkehrsentlastung.

Eine halbe Million Kubikmeter Erde und Gestein

Seither sind über acht Jahre vergangen. In dieser Zeit sind insgesamt 90.000 Kubikmeter Beton, 8000 Tonnen Stahl und Asphalt auf 32.000 Quadratmetern verbaut worden. Zu Spitzenzeiten sind 130 Arbeiter im Einsatz gewesen. Rund 500.000 Kubikmeter Erde und Gestein wurden entfernt. Gut die Hälfte davon macht das unter der Achalm ausgesprengte Material aus. 20.000 Kubikmeter sind beim Bau wieder verwendet worden, der Großteil, 480.000 Kubikmeter, wurden abtransportiert.

Die Ortsumgehung ist insgesamt 3,1 Kilometer lang, davon führen 1,91 Kilometer durch den Scheibengipfeltunnel. Von diesem sind 1,62 Kilometer in bergmännischer Weise durch das Gestein unter der Achalm getrieben worden, 290 Meter wurden in offener Bauweise erstellt. Die Röhre des Haupttunnels ist 9,50 Meter hoch und 4,50 Meter breit. Der Höhenunterschied zwischen dem tiefer liegenden Südportal und dem Nordportal beträgt 16 Meter, macht 8 Promille Steigung. „Das ist fast eben“, sagt Projektleiter Norbert Heinzelmann.

Ursprünglich waren 109 Millionen Euro für das Projekt veranschlagt worden, doch mittlerweile müssen die Verantwortlichen mit maximal 135 Millionen Euro rechnen. Was auch daran liegt, dass die Firma Max Bögl 10 Millionen Euro an Nachforderungen geltend macht. Diese werden derzeit noch verhandelt. „Ich hoffe, dass wir unter den 135 Millionen bleiben“, sagt Heinzelmann.

Ein Rettungstunnel für den Brandfall

Überaus aufwändig ist die Sicherheitstechnik im Tunnel: Im Abstand von 21 Metern zum Haupttunnel verläuft parallel ein Rettungsstollen. Sieben Querschläge in Abständen von jeweils 240 Metern verbinden die beiden Tunnel. Durch diese Querschläge gelangen Personen im Brandfall in den Rettungstunnel und sind dann im sicheren Bereich. Wird die Tür zum Rettungsstollen aufgemacht, löst das sofort den Alarm aus. Zudem gibt es drei Nothaltebuchten im Tunnel, die alle 480 Meter eingebaut worden sind.

Rund 130 Kameras sind eingesetzt, um jeden Quadratzentimeter in den beiden Röhren einsehen zu können. Eine Adaptionsbeleuchtung in den Einfahrtsbereichen mit insgesamt 200 Lampen passt die Beleuchtung des Tunnels an die Lichtverhältnisse außerhalb an. Rund 350 Autobatterien stehen für die Notstromversorgung bereit.

Sollte es im Tunnel unter der Achalm brennen, öffnen sich automatisch Rauchklappen und der Qualm wird durch den Abluftkanal über der Röhre abgesaugt. Dafür sind in der Kalotte unter dem Tunneldach Ventilatoren mit den Maßen von Flugzeugturbinen installiert. Über einen Auslass beim Südportal des Tunnels, der sechs Meter über den Boden ragt, entweicht der Rauch.

Durch die hohen Sicherheitsstandards ist die Innenausstattung des Tunnels um 2,5 Millionen Euro teurer geworden. Sie kostet insgesamt 15 Millionen Euro. „Die Leute meinen, sie fahren durch eine Betonröhre – aber es ist ein Hightech-Bauwerk“, sagt Projektleiter Heinzelmann.

02.09.2015 Auf der Baustelle im Scheibengipfeltunnel
© Video: Jonas Bleeser 03:20 min
Tief unter der Achalm liegt Reutlingens größte Baustelle: Der Scheibengipfeltunnel. Jeden Tag wird dort soviel Beton verbaut, wie man für zwei Einfamilienhäuser brauchen würde. Ein Besuch mit der Kamera.

Der reguläre Verkehr rollt erst am Samstag

Am Freitag, 27. Oktober, wird der Scheibengipfeltunnel eröffnet. Um 16 Uhr beginnt der offizielle Akt, zu dem folgende Politiker und Politikerinnen erwartet werden: Norbert Barthle (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne), Tübingens Regierungspräsident Klaus Tappeser, Reutlingens OB Barbara Bosch und Eningens Bürgermeister Alexander Schweizer. Sobald das Band durchschnitten ist, fahren die prominenten Gäste mit Elektro- und Hybridfahrzeugen vom Süden her durch den Tunnel und zurück. Die ersten Autos von Privatleuten dürfen allerdings erst ein paar Stunden später im Laufe des Samstagvormittags durch den Tunnel fahren.

Zum Artikel

Erstellt:
27.10.2017, 01:01 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 58sec
zuletzt aktualisiert: 27.10.2017, 01:01 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Sie möchten diesen Inhalt nutzen? Bitte beachten Sie unsere Hinweise zur Lizenzierung.
Aus diesem Ressort

Push aufs Handy

Die wichtigsten Nachrichten direkt aufs Smartphone: Installieren Sie die Tagblatt-App für iOS oder für Android und erhalten Sie Push-Meldungen über die wichtigsten Ereignisse und interessantesten Themen aus der Region Tübingen.

Newsletter


In Ihrem Benutzerprofil können Sie Ihre abonnierten Newsletter verwalten. Dazu müssen Sie jedoch registriert und angemeldet sein. Für alle Tagblatt-Newsletter können Sie sich aber bei tagblatt.de/newsletter auch ohne Registrierung anmelden.
Das Tagblatt in den Sozialen Netzen
    
Faceboook      Instagram      Twitter      Facebook Sport
Newsletter Recht und Unrecht
Sie interessieren sich für Berichte aus den Gerichten, für die Arbeit der Ermittler und dafür, was erlaubt und was verboten ist? Dann abonnieren Sie gratis unseren Newsletter Recht und Unrecht!