Tübingen

Eventcharakter

Leserbrief zur Debatte anlässlich der 3000. Tübinger Stiftskirchenmotette am Samstag.

26.02.2020

Von Alex Wolf, Tübingen

Zur Bedeutung des musikalischen Begriffs der Motette liest man Erhellendes in Riemanns Musiklexikon. Ursprung ist das mittelalterliche Verfahren der Textunterlegung unter eine gegebene melismatische Melodie. Diese Gattung verließ aber schon im Verlauf des 13. Jahrhunderts den kirchlichen Raum, man unterlegte zunehmend vulgärsprachliche, satirische oder erotische Texte.

Ist die Entwicklung der Tübinger Motette nicht ein kurzer Abriss dieser historischen Entwicklung? Ursprünglich als Forum für die Darbietung vielgestaltiger geistlicher Chor- und Instrumentalmusik entstanden, ist sie heute zu einem Konzertformat mit Eventcharakter geworden, in dem liturgische Elemente als Fremdkörper empfunden werden. Konsequent wäre es, die Motette aus ihrem kirchlichen Kontext komplett herauszulösen und einen Verein zu gründen, der sich um die Finanzierung dieser Konzerte kümmert. Kirchensteuermittel sollten nicht zur Finanzierung herangezogen werden.

Am Rand sei angemerkt, das die Akustik der Stiftskirche für Kammermusik, Klaviermusik und Orchesterkonzerte ungeeignet ist.