Über die Anfänge der Französischen Filmtage in Reutlingen

Es war einmal eine Lücke – die Lücke ist geschlossen

Die cineastische Begeisterung, meinte Ulrich Bausch beim Auftakt der Französischen Filmtage im Kamino, sei in Reutlingen geradezu „mit Händen zu greifen“. 20 000 Besucher bereits im ersten Jahr, so der Aufsichtsratsvorsitzende des Programmkinos, das habe er sich nicht träumen lassen.

07.11.2016

Von Uschi Kurz

Pierre Achour.Archivbild: Metz

Pierre Achour.Archivbild: Metz

Offensichtlich habe es eine Lücke in der kulturellen Landschaft gegeben: „Diese Lücke wurde geschlossen.“

Dass die Reutlinger gut mit der französischen Lebensart können, zeigen nicht nur die engen Beziehungen zur Partnerstadt Roanne, sondern auch die vielfältigen Aktivitäten der Deutsch-Französischen Gesellschaft (siehe nebenstehenden Artikel). Und so ist auch die Rückkehr der Französischen Filmtage nach Reutlingen in mehrfacher Hinsicht ein Glücksfall. Ein Glücksfall für das genossenschaftlich organisierte Programmkino, das sich nun schon nach kurzer Zeit Festivalkino nennen darf, aber auch für die ganze Stadt, die um eine kulturelle Attraktion reicher geworden ist.

Pierre Achour, der Erfinder der Französischen Filmtage, plauderte beim Empfang im Anschluss an die Filmmatinee über die bewegten Anfänge, die das Festivals vor 33 Jahren in Reutlingen nahm. Die Idee dazu sei während einer Herbstnacht in Angers, im Loiretal, entstanden. Viel Rotwein sei geflossen, als er sich mit einigen Freunde überlegt habe, wie man die deutsch-französischen Beziehungen in seiner damaligen Heimatstadt Reutlingen verbessern könne. Einer seiner Freunde habe dann gemeint, er solle doch französische Filme zeigen. Et voilà: „Morgens um 6 Uhr war das Filmfestival gebaut.“ Schon am nächsten Tag, berichtete Achour, habe er seinem Freund Ulrich Lukaszewitz, damals Vorsitzender der deutsch-französischen Gesellschaft, von seiner Idee berichtet.

„Ohne dich“, rief er „Luka“ zu, „wäre nichts passiert“. Lukaszewitz holte Uwe Wilk und Rolf Sobowski ins Boot und schon wenig später nahm das ambitionierte Projekt Gestalt an. Nach nur neun Monaten, am 24. Juni 1983, wurde das Festival mit dem Kultfilm „Diva“ eröffnet. Es wurde ein Riesenerfolg. Besonders gerne erinnert sich Achour an eine Aufführung von Daniel Vignes „Die Wiederkehr des Martin Guerre“ bei der quasi simultan übersetzt wurde. Die Übersetzung übernahmen Studentinnen von Renate Overbeck, die damals an der Pädagogischen Hochschule unterrichtete (auch sie war gestern zur Rückkehr der Französischen Filmtage gekommen). Der Film, der eigentlich eineinhalb Stunden geht, wurde immer wieder unterbrochen und dauerte deshalb doppelt so lang.

Das alles, betonte Achour, habe nur geklappt, weil es damals noch so wenige Festivals gab „und weil man die Filme umsonst bekommen hat“. Die Tage der französischen Filme in Reutlingen waren gleichwohl gezählt. Weil die anderen Organisatoren nicht nur französische Filme zeigen wollten, wanderte Achour kurzerhand mit dem Festival nach Tübingen aus. Dass es nach 33 Jahren an seinen Geburtsort zurückgekehrt ist, erfüllt ihren Schöpfer sichtlich mit Freude.

Auch die Erste Bürgermeisterin Ulrike Hotz lobte die cineastische „Rückholaktion“ von Festivalleiter Christopher Buchholz. Und mit dem Kamino habe das Festival jetzt ein richtiges „Zuhause“. Noch eine Lücke, die geschlossen wurde.