Angerichtet: „Ich hoffe, dass die Sau nicht zäh ist!“

Im Tübinger Gemeinderat kommt ein Keiler aus dem Käsenbachtal auf den Tisch

Bernd Gugel hat seine Spontanität nicht bereut. Der Grünen-Stadtrat erfuhr im Gemeinderat von der geplanten Jagd auf Wildschweine im Käsenbachtal und fragte nach, ob man die erlegten Schwarzkittel auch zum Verzehr kaufen könne – und OB Boris Palmer forderte ihn zum öffentlichen Wildschweinessen auf.

22.11.2018

Von Christiane Hoyer

Archivbild: Hans-Jörg Schweizer

Archivbild: Hans-Jörg Schweizer

Jetzt hat Gugel den Salat – und die Sau dazu. Vergangene Woche schossen zwei erfahrene Tübinger Jäger die ersten Wildschweine. Zwei Rotten mit jeweils sieben oder acht Tieren sind seit mehreren Monaten in der Nord-und Weststadt unterwegs, zerstören private Gärten auf der Suche nach Fressbarem und lösten eine Empörungswelle unter den Anwohnern aus, die eine Initiative gründeten und bei der Stadt vorstellig wurden.

Nun also darf mit Genehmigung der Stadt im sogenannten „Jagdbogen Tübingen-West“ dort geschossen werden, wo es einen sicheren Kugelfang und nicht eingezäunte Grundstücke gibt. Und: Die beiden Jäger haben gleich in ihrer ersten Fangwoche Schwein gehabt: Das erste Wildschwein, das von einem tödlichen Schuss niedergestreckt wurde, war ein Keiler von zirka 60 Kilo, das zweite eine Bache mit 38 Kilo. Den Keiler spendierte der Jäger dem Grünen-Stadtrat. Die Sau ist inzwischen beim Metzger eingetroffen. Und der bereitet sich aufs kommende Event im Rathaus vor. „Mein Spruch war unüberlegt, jetzt stehe ich für die Folgen gerade“, sagt Gugel und lacht.

Die Folgen sind ein zünftiges Wildschweinessen im Rathaus für die Stadträte und die Verwaltungsspitze. Am kommenden Donnerstag gibt’s in der Sitzungspause für alle Wildschwein mit Spätzle, Kartoffelsalat und Soße. Gugel stiftet dafür noch die Preiselbeeren und hofft, „dass die Sau nicht zäh ist“. Denn das Fleisch der Schwarzkittel mag Gugel besonders gerne. Und weil der abgeschossene Keiler so gut genährt war, dürfte es genügend Portionen geben, sogar mit Nachschlag, rechnet Gugel vor. 30 bis 40 Kilo Fleisch für 40 Stadträte plus Verwaltungsleute – das müsste locker reichen zum Verzehr. Sonst gibt’s in der Sitzungspause immer Wurst-, Käse- und vegane Brötchen. Da müssen die Vegetarier und Veganer am kommenden Donnerstag zwei Augen zudrücken, wenn der Run auf das Wildessen losgeht. Natürlich, sagt Gugel, „geben wir das Essen selber aus“.

Es wird warm angeliefert von der Altstädter Metzgerei Hanselmann, und dann heißt es: Es ist angerichtet, guten Appetit! Die Jäger, die das Wild erlegt haben, dürfen auch mitessen. Fürs Aufspüren der Schwarzkittel waren sie an mehreren Tagen unterwegs – im Öhler, im Käsenbachtal und in der Sarchhalde – und haben sich die Gegebenheiten vor Ort angeschaut. „Wir hatten Glück“, sagt einer der beiden Jäger, der anonym bleiben möchte. Auch Bernd Gugel konnte vom Glück der Jäger profitieren. Er bekam einen Keiler geliefert, mit dem er am Donnerstag die hungrigen Ratskollegen zufrieden stellen kann – ein „glücklicher Zufall“, sagt der Grüne.