Wohin mit all den Kindern?

Es gibt so viele Neugeborene, dass die Betreuungsplätze nicht ausreichen

Tübingen erlebt einen Babyboom: Im vergangenen Jahr kamen wesentlich mehr kleine Tübingerinnen und Tübinger auf die Welt, als es die Prognose vorhersah. Die Folge ist ein Engpass bei den Betreuungsplätzen.

05.07.2016

Von SABINE LOHR

Besorgter Blick vom Schnullerkind: Die Tübingerinnen haben im vergangenen Jahr so viel Nachwuchs auf die Welt gebracht, dass die Stadt kräftig in neue Betreuungsplätze investieren muss. Bild: Metz

Besorgter Blick vom Schnullerkind: Die Tübingerinnen haben im vergangenen Jahr so viel Nachwuchs auf die Welt gebracht, dass die Stadt kräftig in neue Betreuungsplätze investieren muss. Bild: Metz

Tübingen. Ende Dezember 2015 kam Maximilian Lang zu Welt – und die Tübinger Frauenklinik vermeldete stolz seine Geburt. Denn Maximilian war das 3000. Kind, das im vergangenen Jahr in Tübingen geboren wurde. So vielen Babys hatte die Klinik noch nie zuvor in einem Jahr auf die Welt geholfen.

Damals also war schon bekannt, dass die Geburtenrate steigt. Auch in Tübingen: 750 der Kinder, die 2015 in der Frauenklinik auf die Welt kamen, waren Tübinger. Dazu kommen noch die Hausgeburten und die Frauen, die auswärts entbunden haben. Macht zusammen 825 Babys, deren Eltern in Tübingen leben. Das zumindest war die Zahl, die Uta Schwarz-Österreicher, Leiterin der städtischen Fachabteilung Familie, Schule, Sport und Soziales, vergangene Woche nannte. Gestern korrigierte sie sich nach oben, konnte aber noch keine sichere Zahl nennen.

Doch auch schon 825 Babys übersteigen die Prognose um knapp 12 Prozent. Oberbürgermeister Boris Palmer nannte als neue Zahl eine Steigerung von 15 Prozent.

Damit hatte die Verwaltung nicht gerechnet. Sie ist davon ausgegangen, dass die Geburtenzahl leicht zurückgeht – in den vergangenen Jahren waren immer zwischen 650 und 750 Tübinger Babys auf die Welt gekommen. Erklärbar ist der starke Zuwachs weniger durch Zuzug (etwa durch Flüchtlinge) als vielmehr dadurch, dass die Familien größer werden. „Der Trend geht zur Vier-Kinder-Familie“, sagt Schwarz-Österreicher. Sie erklärt den Zuwachs aber auch mit dem guten Angebot der Kinderbetreuung in Tübingen.

Doch mit der hapert es nun. Die Stadt braucht fürs Kindergartenjahr 2016/17 bis zu 130 neue Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren. Und die gibt es nicht in den bestehenden Einrichtungen. Kurzfristig wird die Stadt deshalb einige Gruppen in den Kindertageseinrichtungen überbelegen.

Zudem sind neue Einrichtungen denkbar, denn durch die Ganztags-Grundschulen sind die Horte überflüssig geworden. So gibt es etwa im Kinderhaus Alte Mühle einen Raum, der für die Betreuung von Unter-Dreijährigen genutzt werden könnte. Das gilt auch für das Schülerhaus auf Waldhäuser-Ost. Außerdem könnten die geplanten Neubauten (Kinderhaus Sofie Haug und Güterbahnhof) größer ausfallen als vorgesehen.

Konkrete Planungen allerdings gibt es noch nicht – und schon gar nicht für die Folgejahre. Denn in zwei bis drei Jahren wird sich das Problem bei den Über-Dreijährigen fortsetzen. Die Verwaltung rechnet damit, dass von 2018 an rund 260 Plätze in diesen Einrichtungen fehlen. Wiederum drei Jahre später wird sich der jetzige Babyboom auf die Grundschulen auswirken.

Weder im aktuellen Haushaltsplan noch in der mittelfristigen Finanzplanung, die die kommenden fünf Jahre umfasst, sind die Mehrausgaben für Erweiterungen, Neubauten und auch für neue Erzieherinnen-Stellen eingeplant. Die Verwaltung wird am kommenden Montag dem Sozialausschuss vorschlagen, nun schnelle Maßnahmen vorzubereiten, die erforderlichen Bauten zu konkretisieren und auszurechnen, welche Kosten überhaupt auf die Stadt zukommen. Bis dahin liegen dann auch die neuesten Zahlen vor.

Mehr Babys im ganzen Land

Nicht nur in Tübingen, sondern in ganz Deutschland sind 2015 mehr Babys als sonst zur Welt gekommen. Im Vergleich zu 2014 stieg die Geburtenzahl um 3,2 Prozent auf 738000 Kinder. In Baden-Württemberg kamen 100272 Babys zur Welt, was einen Anstieg um 4,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr ausmacht. In Tübingen macht die Steigerung zwischen 12 und 15 Prozent aus (12 Prozent nach der aktuell vorliegenden und bestätigten Zahl, 15 Prozent nennt OB Boris Palmer – diese Zahl wurde bisher aber nicht bestätigt).

Schon 2014 war die Zahl der Geburten in Deutschland auf Rekordniveau gestiegen – weshalb die Prognosen eher von einem leichten Rückgang ausgegangen waren.

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Erstellt:
05.07.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 47sec
zuletzt aktualisiert: 05.07.2016, 01:00 Uhr

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