Kino

Rita Falk: „Es gibt ein Leben außerhalb von Niederkaltenkirchen“

„Hannes“ ist die Verfilmung von Rita Falks erstem Roman. Die Autorin spricht über die Rolle von Franz Eberhofer in ihrem Leben, ihre Söhne und ihren Arbeitstag.

22.11.2021

Von Dieter Oßwald

Rita Falk (Zweite von rechts) mit den Darstellern von „Hannes“ auf der Kinopremiere: (von links) Johannes Nussbaum, Leonard Scheicher, Hans Steinbichler und Heiner Lauterbach.

Rita Falk (Zweite von rechts) mit den Darstellern von „Hannes“ auf der Kinopremiere: (von links) Johannes Nussbaum, Leonard Scheicher, Hans Steinbichler und Heiner Lauterbach.

Mit den Eberhofer-Krimis gelang Rita Falk der große Coup. Ob als Roman oder als Verfilmung: Die Heimatgeschichten um den Provinzpolizisten Franz Eberhofer avancierten zu Publikumslieblingen auch jenseits des Weißwurstäquators. Doch Rita Falk kann auch anders. In „Hannes“, ihrem allerersten Roman, erzählt sie von einer Freundschaft, die durch einen Schicksalsschlag auf eine harte Prüfung gestellt wird. Am Donnerstag kommt die Verfilmung ins Kino, in Gastrollen Heiner Lauterbach und Hannelore Elsner. Mit der Autorin unterhielt sich unser Mitarbeiter Dieter Oßwald. 

Frau Falk, was würde Ihre literarische Erfindung, der Kult-Polizist Franz Eberhofer, zu Ihrem Drama „Hannes“ sagen?

Rita Falk: Der Franz Eberhofer wäre vermutlich zunächst sehr schweigsam, um das erst einmal alles zu verdauen und zu verarbeiten. Ich weiß nicht, ob er viel dazu sagen würde – vielleicht nur ein knappes „cool“.

Und sein Kumpel, der Flaschner Flötzinger?

Der Flötzinger würde wahrscheinlich in Tränen ausbrechen. (Lacht) Ich glaube, die Themen aus den Eberhofer-Krimis und von „Hannes“ sind sehr schwer miteinander verknüpfbar.

Wie gehen Sie mit den ständigen Fragen nach dem erfolgreichen Eberhofer um? Sind „Sauerkrautkoma“ und Co. eher Fluch oder Segen?

Es ist tatsächlich Fluch und Segen zusammen. Der Eberhofer ist mein Spielball, ich mag ihn  sehr und ebenso die ganzen anderen Figuren. Aber das ist eben nicht alles, es gibt auch noch ein Leben außerhalb von Niederkaltenkirchen.

Das Thema Tod ist sehr emotional. Wie hält man die Balance, um nicht sentimental oder kitschig zu werden?

Bei „Hannes“ geschieht das durch die vielen komischen Elemente, die ein wichtiges Gegengewicht zu der traurigen Geschichte bilden. Diese Mischung spiegelt ganz gut das wahre Leben wider, in dem es ja auch nicht nur traurig oder nur lustig zugeht, sondern in dem immer beide Seiten vorhanden sind. 

Wie sind Sie auf dieses Thema für Ihr Debüt gekommen?

Mit dem Roman habe ich den Tod meiner besten Freundin verarbeitet, die bei einem Motorradunfall vor fast 30 Jahren ums Leben. kann. In dieser Phase ging es mir teilweise sehr schlecht. Aber eben nicht nur. Bei aller Tragik gibt es immer auch den Humor. Erst dadurch werden solche großen Belastungen überhaupt erträglich.

Im Unterschied zu Ihrer persönlichen Geschichte erzählt „Hannes“ die Freundschaft von zwei Jungs Wie kommen Sie in solch einer Kumpel-Welt zurecht?

Als ich „Hannes“ geschrieben habe, waren meine Söhne gerade in dem Alter wie die beiden Freunde. Deren Clique war für mich eine gute Inspiration beim Schreiben. Meine Jungs haben das Manuskript damals gelesen und kommentierten begeistert: „Genauso läuft es bei uns!“ Dieses Urteil hat mich sehr bestärkt, schließlich ist es ein Spagat, wenn ich als 45-jährige Frau aus der Sicht eines 20-jährigen Mannes schreibe. Stellenweise war ich nicht sicher, ob das alles authentisch genug ist – was meine Söhne zum Glück bestätigten. 

Welche Reaktionen hat es auf den Roman gegeben?

Auf den „Hannes“ bekam ich keine einzige negative Reaktion, ganz unabhängig von Alter, Geschlecht oder Herkunft konnten alles offensichtlich etwas mit dieser Geschichte anfangen. Das ist  ganz anders als beim Eberhofer, wo manche schon sagen, sie könnten überhaupt nichts mit diesem Humor anfangen.

Weshalb hat es so lange Zeit gedauert, bis es zur Verfilmung gekommen ist?

Es hat so lange gedauert, weil ich mir erst sicher war, als ich den Film „Eine unerhörte Frau“ von Hans Steinbichler gesehen hatte. Danach war klar: Nur dieser Regisseur kam für „Hannes“ in Frage. Zum Glück sagte Hans: „Genau das ist der Stoff, auf den ich warte.“ Wir waren uns sehr schnell einig.

Wie weit mischen Sie sich in die Verfilmung Ihrer Romane ein?

Ich lese die Drehbücher und gebe dann schon auch meinen Senf dazu. Wobei sowohl Constantin als jetzt auch Studiocanal als Produktionsfirmen da keine Fehler machen und es deswegen von meiner Seite nur wenig zu beanstanden gibt.

Von Woody Allen weiß man, dass er jeden Morgen um 8 Uhr an der Schreibmaschine sitzt und mit der kreativen Arbeit beginnt. Sind Sie ähnlich diszipliniert?

Ich bin sehr diszipliniert beim Schreiben. Eigentlich habe ich als Autorin dieselben Arbeitszeiten wie damals als Bürokauffrau. Vier Stunden vormittags, vier Stunden nachmittags und dazwischen Mittagspause oder Hundespaziergang. Diese Struktur ist für mich sehr hilfreich. Nicht umsonst gibt es diese Formel für den Erfolg: 90 Prozent Disziplin und zehn Prozent Talent.

Wie geht es weiter mit dem Franz Eberhofer? Ist ein Ende in Sicht?

Es wird auf jeden Fall einmal Schluss sein mit dem Eberhofer! Ich habe eine schöne Idee für den zwölften Teil, damit werde ich Mitte Januar beginnen. Auf diesen Krimi freue ich mich. Danach wird es sicher etwas geben, das in Richtung „Hannes“ oder „Funkenflieger“ geht – und auch darauf blicke ich mit Vorfreude.

Aus dem Bürojob auf die Bestsellerlisten

Rita Falk wurde 1964 im oberbayerischen Oberammergau geboren, zog aber später mit ihren Eltern nach Niederbayern, wo auch ihre Eberhofer-Krimis spielen. Zum Schreiben kam die gelernte Bürokauffrau, als sie ihren Job verlor. Gleich das Krimi-Debüt „Winterkartoffelknödel“ war 2010 ein Bestseller. Elf weitere Abenteuer aus Niederkaltenkirchen folgten, zuletzt erschien „Rehragout-Rendezvous“. Es gibt sieben Eberhofer-Filme, 2021 kam die Verfilmung von „Kaiserschmarrndrama“ ins Kino.

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Erstellt:
22.11.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 38sec
zuletzt aktualisiert: 22.11.2021, 06:00 Uhr

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