Klimaschutz

Interview: „Erstmal keinen starken Effekt“

Oliver Geden, Experte für Klimapolitik bei der Stiftung Wissenschaft und Politik, erklärt, warum das neue deutsche Langfrist-CO2-Ziel dem Klima nicht unbedingt etwas bringt, aber dennoch begrüßenswert ist.

12.05.2021

Von IGOR STEINLE

Oliver Geden, Klimaexperte bei der Stiftung Wissenschaft und Politik. Foto: Max-Planck-Institut

Oliver Geden, Klimaexperte bei der Stiftung Wissenschaft und Politik. Foto: Max-Planck-Institut

Berlin. Herr Geden, Deutschland will noch vor dem gemeinsamen EU-Ziel klimaneutral werden. Werden so wirklich Klimagase eingespart?

Oliver Geden: Es war immer klar, dass manche Länder in der EU vor 2050 klimaneutral werden müssen, damit andere bis nach 2050 dafür Zeit haben. Nur deswegen konnten Staaten wie Polen, die stark von der Kohle abhängig sind, einem gemeinsamen Ziel zustimmen. Bislang hatten sich nur kleinere Länder wie Schweden und Finnland dazu bekannt, früher als 2050 klimaneutral zu werden. Da entstehen nicht so große Spielräume, wie es nun bei Deutschland der Fall ist. Aber klar, einen wirklichen Effekt auf die Gesamtemissionen der EU hat eine frühere deutsche Klimaneutralität nicht. Aber das kann sich noch ändern, die EU-Ziele sind mit der Zeit ja immer schärfer geworden.

Mehrere Gesetze müssen für das Ziel Klimaneutralität geändert werden, ständigen politischen Streit inklusive. Ein Emissionshandel hingegen würde dem CO2 -Ausstoß einen ansteigenden Preis geben, im Industrie- und Energiesektor wird so erfolgreich CO2 reduziert. Wäre es nicht sinnvoll, die restlichen Bereiche auch in diesen Handel aufzunehmen?

Das würde es grundsätzlich einfacher machen. Aber ich bin mir nicht sicher, ob es die Steuerungswirkung hin zu weniger CO2 verbessern würde. Das hätte wohl zur Folge, dass in manchen Sektoren die Transformation länger dauert. Würde man etwa den Verkehr in den bestehenden Emissionshandel integrieren, hätte das erst mal keine starken Effekte auf den Benzinpreis. Den Übergang zur E-Mobilität würde man so nicht voranbringen.

Dem Klima ist doch gleichgültig, wo CO2 letztlich eingespart wird. Mit einem Emissionshandel würde das doch dort passieren, wo es am günstigsten ist.

Ja, aber Sie würden die notwendigen Anstrengungen in den Bereichen, in denen geringe Preissignale keine Verhaltensänderungen erzwingen, nach hinten verschieben. Es ist unrealistisch, dass die Autoindustrie zwischen den Jahren 2035 und 2040 plötzlich auf E-Mobilität umstellen kann. Deswegen wird der CO2-Ausstoß von Pkw zusätzlich reguliert. Das ist zwar kompliziert und bürokratisch, aber anders wird es nicht gehen.