TV-Krimi

„Tatort“: Ermittlungen im Heimatkiez

Der neue Dortmunder „Tatort“ führt den vom Tod seiner Kollegin traumatisierten Hauptkommissar an die Stätte seiner Kindheit. Für den Mann mit dem angeknacksten Nervenkostüm kommt es ganz dick.

14.01.2023

Von Martin Weber

Der Tod seiner Kollegin hat Kommissar Peter Faber (Jörg Hartmann) verändert.

Der Tod seiner Kollegin hat Kommissar Peter Faber (Jörg Hartmann) verändert.

Steht ein Manta im Wald: Der neue „Tatort“ aus Dortmund beginnt wie ein Witz aus den 80er Jahren, als der schnittige Opel und seine Fahrer oft veralbert wurden. Der Manta im Film gehört Peter Faber (Jörg Hartmann) und dient dem Kommissar vorübergehend als Wohn- und Schlafstätte. Faber ist seit dem Tod seiner Kollegin Martina Bönisch völlig durch den Wind, aber das ist er ja häufig. An Arbeit ist jedenfalls nicht zu denken, der Ermittler mit dem angeknacksten Nervenkostüm hat sich einen Vollbart stehenlassen und joggt frühmorgens durch den Wald zum Speicherbecken in Herdecke, wo er sich die Klamotten vom Leib reißt und ins Wasser springt.

So müssen sich seine Kollegen Rosa Herzog (Stefanie Reinsperger) und Jan Pawlak (Rick Okon) im reichlich wirren Krimi „Tatort: Du bleibst hier“ (Sonntag, 20.15 Uhr, ARD) erst mal alleine um das viele Blut kümmern, das im Westpark gefunden wurde. Die dazugehörige Leiche ist weg, doch alles deutet darauf hin, dass ein Immobilienhai ermordet wurde, der im Dortmunder Kreuzviertel viele Feinde hatte, weil er Häuser aufkaufte und alteingesessene Mieter vertrieb.

Schnell geraten ein paar Verdächtige ins Visier der Polizei, darunter die Frau des Unternehmers, von der er sich gerade scheiden lässt und die einen Sohn pflegt, den eine Überdosis Ecstasy ruiniert hat. Den Stoff hatte der Junge von einem Dealer im Westpark, der verschwunden ist. Der Krimi bemüht sich zwar, die beiden Handlungsstränge miteinander zu verknüpfen, doch es gelingt ihm nicht – und der Zuschauer muss sehen, ob er aus dem Kuddelmuddel irgendwie schlau wird.

Und Faber? Der schaltet sich schon bald in die Ermittlungen ein, denn er stammt nicht nur aus dem Kreuzviertel, sondern sein Vater Jupp (Wolfgang Rüter) scheint etwas mit dem Fall zu tun zu haben. Also lässt sich Faber bei dem Friseur, den er noch von früher kennt, die Haare schneiden, und schaut sich mal um im Kiez. Völlig klar, dass der mehrfach traumatisierte Kommissar auch einen tragischen Vorfall aus seiner Kindheit verarbeiten muss, wegen dem er den Kontakt zum Vater abbrach. Als dieser im Westpark von Jugendlichen krankenhausreif geschlagen wird und sich herausstellt, dass er an Demenz leidet, nimmt Faber die Angelegenheit persönlich und macht bei den Ermittlungen Druck.

Es kommt für den ohnehin höchst labilen Faber in diesem „Tatort“ mal wieder ganz dicke, und der Film, an dessen Drehbuch Hauptdarsteller Jörg Hartmann mitgewirkt hat, nimmt sich viel Zeit für den angeknacksten Seelenzustand des Ermittlers. Leider geht das zulasten eines anständigen Krimiplots.

Viel wichtiger waren den Machern die Befindlichkeiten der Kommissare, denn auch Fabers Kolleginnen und Kollegen haben ihr privates Kreuz zu tragen: Jan Pawlak sorgt sich um seine Frau, die in Untersuchungshaft sitzt, und Rosa Herzog bekommt Besuch vom LKA, weil gegen ihre Mutter ermittelt wird, die alte Dame soll am Überfall auf einen Geldtransporter beteiligt gewesen sein. So viel Jammer in einer einzigen Mordkommission – man kann es kaum fassen.

Für den neuen „Tatort“ gibt es nur eine Handschelle.

Für den neuen „Tatort“ gibt es nur eine Handschelle.

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Erstellt:
14.01.2023, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 33sec
zuletzt aktualisiert: 14.01.2023, 06:00 Uhr

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