Zum Reformationsjubiläum

Entsorgungsgut

Leserbrief zum Reformationsjubiläum („Kein Zurück hinter den Konsens“, 20. Oktober).

30.10.2017

Von Uwe Brauner

Dem Urteil Eberhard Jüngels über die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre – sie habe Proseminar-Niveau – kommt das des ebenfalls zu den hellsten theologischen Köpfen zählenden Michael Welker über die ebenso wichtigen ökumenischen Konsenstexte zum Abendmahl gleich. Für ihn machen diese Dokumente die Gefahr deutlich, dass neben dem Abendmahl als einem Vorgeschmack aufs Reich Gottes die „sachlich doch zentrale Betonung der Sündenvergebung zunehmend zu einer Floskel erstarrt ... . Dabei droht das Gedächtnis des Kreuzes Christi zu verblassen – und damit die große Gefährdung der Gemeinschaft der Menschen mit Gott und untereinander sowie die radikale Angewiesenheit der Menschen auf eine unverfügbare Wendung ihres Geschicks in extremer Not und Selbstgefährdung.“

Welker, einst Assistent Jürgen Moltmanns, ging weit hinaus über dessen naive, fahrlässig unausgeglichene Hoffnungstheologie. Sie ist mitverantwortlich für die heutige sündentheologische Scheu, ja Blindheit der Ökumene gegenüber menschlicher Destruktivität, die gerade auch Hoffnung zerstört.

So ruft die „naive Moralpolitik des Westens“ (Heinz Theisen) mit ihrem „nation building“ aufgrund der mangelnden Übertragbarkeit unserer Ideale und Strukturen weltweit interkulturelle Tragödien hervor (Ex-Bischöfin Käßmann: „Nichts ist gut in Afghanistan.“). Christliche Ökumene, der in scheiterndem Kampf und hilfloser Kontemplation nichts mehr einfällt, was unsere Verhängnisse aufhalten kann, ist kraftlos gewordenes Salz, Entsorgungsgut.