Dettingen/Erms

Elring-Klinger Chef Wolf im Interview: Neue Technologien machen sexy

Elring-Klinger setzt verstärkt auf Brennstoffzellen-Antrieb und Batterietechnik. Die Entscheidung für die neuen Technologien ist allerdings bereits vor 20 Jahren gefallen: „Uns war klar, dass die Zeit kommt, in der die Stückzahlen der Verbrennungsmotoren zurückgehen“, sagt Stefan Wolf, der Vorstandsvorsitzende und Präsident des Gesamtmetall-Arbeitgeberverbands, im WIP-Interview.

28.10.2021

Von Thomas de Marco

Stefan Wolf. Bild: Elring-Klinger

Stefan Wolf. Bild: Elring-Klinger

Herr Wolf, braucht Elring-Klinger den Druck von Fridays for Future, um bei der Transformation voranzukommen?

Stefan Wolf: Ganz sicher nicht! Wir sind vor 20 Jahren in die Entwicklung von Brennstoffzellen-Stacks eingestiegen und vor über 10 Jahren in die Batterietechnologie. Wir haben den Konzern für die Transformation aufgestellt, als viele von Fridays for Future noch gar nicht geboren waren. Uns war klar, dass die Zeit kommt, in der die Stückzahlen der Verbrennungsmotoren zurückgehen. Damals waren wir zu 100 Prozent auf diese Motoren ausgerichtet – aber so weitsichtig, dass wir uns nach anderen Technologien umgeschaut haben. Und da ähnelt die Bipolarplatte für Brennstoffzellen der Zylinderkopfdichtung.

Braucht die Wirtschaft die Vorgaben der Politik?

Auch nicht. Wir haben doch längst erkannt, dass sich die Antriebssysteme verändern. Die Politik mischt sich meiner Meinung nach zu viel ein, weil sie gar nicht weiß, was technologisch machbar ist. Dass sich das Klima wandelt, ist unbestritten. Aber es ist ebenso nicht zu bestreiten, dass wir schon viel getan haben für die Transformation der Autoindustrie.

Sie sind vor kurzem 60 Jahre alt geworden. Wie alt müssen Sie werden, bis Sie in einem Flieger sitzen, der mit Wasserstoff betrieben wird?

Im vergangenen Jahr haben wir eine gemeinsame Gesellschaft mit Airbus gegründet, an der wir eine Minderheitsbeteiligung halten. Die Entscheidung zu unseren Gunsten ist gefallen, weil wir die leistungsstärksten Brennstoffzellen-Stacks entwickeln. Ab 2030 soll ein Prototyp mit einer Reichweite von 2000 Kilometern und 120 Sitzplätzen abheben können. Ich wäre in so einem Flugzeug vielleicht 2031 dabei, dann wäre ich 70. Die Erprobungsphase bei Flugzeugen dauert aber lange. Der Echtbetrieb könnte vielleicht 2035 aufgenommen werden. Aber das ist heute schwer vorherzusagen.

Müssen Sie nicht befürchten, dass eine konkurrierende Technik der Brennstoffzelle den Rang abläuft?

Auch synthetische Kraftstoffe haben ihre Daseinsberechtigung. Aber die sind noch nicht komplett klimaneutral. Die Brennstoffzelle ist das sehr wohl. Deshalb glaube ich, dass sie sich durchsetzen wird.

Im März hat Elring-Klinger einen Großauftrag von einem global tätigen Batteriehersteller im mittleren dreistelligen Millionenbereich erhalten. Um welches Unternehmen handelt es sich da?

Es ist ein globaler Batteriehersteller, der in Deutschland eine Fertigung aufzieht. Wir liefern dafür Zellkontaktiersysteme. Es wurde aber Stillschweigen vereinbart, deshalb kann ich die Firma nicht nennen. Die Serienproduktion soll Anfang nächsten Jahres an unserem neuen Standort in Neuffen aufgenommen werden.

Verlagert Elring-Klinger damit sein Hauptgeschäft nach Neuffen?

Nein, den Verbrennungsmotor wird es noch viele Jahre geben. Deshalb wird die Fertigung in Dettingen bleiben. Neuffen wird künftig wichtige Zukunftstechnologien beherbergen und ist eine Ergänzung, um unseren Platzproblemen zu begegnen.

Die Bundesregierung setzt auf Wasserstoff und entschied sich in einer Vorauswahl für 62 Großprojekte. Auch Ihre Firma hat sich mit einer neuen Generation von Brennstoffzellen-Stacks für Nutzfahrzeuge beworben und wurde im August bei der Vorauswahl berücksichtigt. Was bedeutet das?

Zunächst einen Teilerfolg bei den ersten Prüfungen. Aber wir sind eine der privilegierten deutschen Firmen, die bei diesem europäischen Wettbewerb nach Brüssel gemeldet wurde. Eine nicht unerhebliche Hürde wurde damit schon genommen. Der Zuschlag wäre schon bedeutend für uns, denn es geht um bedeutende Zuschüsse in Millionenhöhe.

Entstehen durch die Transformation viele neue Arbeitsplätze bei Elring-Klinger?

Das ist schwierig zu sagen. In den neuen Technologie-Bereichen schaffen wir neue Arbeitsplätze, aber im klassischen Bereich fallen auch welche weg. Ich denke, es wird 0 auf 0 aufgehen. Das heißt, wir halten unsere Beschäftigungszahl – und das ist auch unser Ziel. Dafür tun wir viel für die Aus- und Weiterbildung.

Zahlt sich die Fokussierung
auf neue Antriebstechnologien für Elring-Klinger bei der Suche nach Fachkräften aus?

Das wird absolut honoriert bei jungen Ingenieurinnen und Ingenieuren! Für die sind Batterietechnologie und Brennstoffzellenforschung total sexy.

Andere Unternehmen machen durch Engagement im Sport auf sich aufmerksam. Wie erreicht Elring-Klinger seinen Nachwuchs?

Durch sehr viele Publikationen in Fachzeitschriften, bei großen Veranstaltungen, Messen und Recruiting-Events, auch in der Region. Wir sind zudem im direkten Austausch über Social Media. Das ist für uns zielführender als Sportsponsoring.

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Erstellt:
28.10.2021, 15:20 Uhr
Aktualisiert:
28.10.2021, 15:49 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 03sec
zuletzt aktualisiert: 28.10.2021, 15:49 Uhr

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