Motorsport

Einmal Krisenmodus und zurück

Die Formel E setzt von Mittwoch an ihre abgebrochene Saison fort. Dabei musste sich Neuling Mercedes in der Corona-Pandemie ganz anderen Themen widmen.

04.08.2020

Von MANUELA HARANT

Rennbolide in den Startlöchern: Von Mittwoch an rast die Formel E wieder über den ehemaligen Berliner Flughafen Tempelhof. Foto: Daimler

Rennbolide in den Startlöchern: Von Mittwoch an rast die Formel E wieder über den ehemaligen Berliner Flughafen Tempelhof. Foto: Daimler

Brixworth. Die Formel E gilt zwar noch als kleine Schwester der Motorsport-Königsklasse Formel 1. Das Hygienekonzept zum Restart der Saison am Mittwoch in Berlin ist deshalb aber im Vergleich nicht minder umfangreich. Auf 41 Seiten wird en detail erklärt, wie sich bei den neuntägigen Quarantäne-Rennen alle Beteiligten zu verhalten haben – und zwar vom Streckenposten bis zum Teamchef. Bei der Formel 1 waren es 81 Seiten – allerdings ist die fünfmal so groß und bestreitet eine sechsmonatige Saison mit weltumspannenden Reisen. Doch dass die Demut vor der weltweiten und gesundheitlichen Bedrohung groß ist, wird im Gespräch mit Ian James vom Mercedes Benz EQ Team deutlich: „Man muss sich vorstellen: Es wurde auf der Welt einmal komplett der Reset-Knopf gedrückt. Aber das war genau die einzig richtige Entscheidung“, sagt der Teamchef.

Immerhin stand seine Mannschaft, die im britischen Brixworth beheimatet ist, noch vor wenigen Monaten vor ganz anderen Herausforderungen: Weil in Großbritannien die Beatmungsgeräte knapp wurden, stellte Mercedes kurzerhand seine Produktion von Rennsport-Motoren auf die Entwicklung und Herstellung der lebensnotwendigen Sauerstoffzufuhr für schwer erkrankte Covid19-Patienten um. „Unsere Ingenieure haben die Technik von einem weißen Blatt Papier entwickelt“, erinnert sich James an diese besondere Zeit. Am Ende produzierte das Motorenwerk von Formel 1 und Formel E in sechs Wochen 10 000 Beatmungsgeräte für das bis dahin am schwersten von der Pandemie betroffene Land.

Mit einer Erfahrung wie dieser scheint es leicht, sich ebenso schnell wieder auf die angepassten Bedingungen beim Restart der Formel E vorzubereiten. Doch nur vier Testtage standen den Teams zur Verfügung, um Mensch und Maschine für die sechs Rennen in neun Tagen mit drei unterschiedlichen Streckenvarianten auf dem ehemaligen Berliner Flughafen Tempelhof zu wappnen. „Dafür müssen unsere Teammitglieder die notwendige Stabilität an der Strecke erreichen, aber auch die nötige Flexibilität, um sich an die schnell wechselnden Herausforderungen anzupassen“, erklärt Ian James. Um seine Fahrer macht sich der 43-Jährige jedoch keine Sorgen. „Die körperliche Herausforderung in der Formel E ist wegen der geringeren Geschwindigkeit nicht so hoch wie in der Formel 1. Abgesehen sind unsere Fahrer topfit“, sagt James über Stoffel Vandoorne und Nyk de Vries.

Podiumsplatz ist drin

Insbesondere der Belgier Vandoorne hat sich in der Premierensaison der Stuttgarter bislang stark präsentiert und beim kompakten Saisonfinale sogar die Chance, aufs WM-Podium zu klettern. Allerdings hat neben dem ehemaligen Formel-1-Star eine handvoll weiterer Fahrer die Chance, den großen Wurf zu landen. Und genau das will die Formel E auch auf dem von der Öffentlichkeit abgeschotteten Berliner Alt-Flughafen zeigen: Dass sie die Spannung bietet, die bei der großen Schwester Formel 1 zuletzt verloren gegangen ist.