Münsingen · Unwetter

Eine weiße Wolke, wie eine Wand

Eine Windhose fegt über den Münsinger Ortsteil Trailfingen und hinterlässt eine Spur der Verwüstung. Verletzte gibt es glücklicherweise keine.

30.08.2020

Von Joachim Lenk

Das Wirtschaftsgebäude dieses Aussiedlerhofes in Trailfingen wurde am Freitag von einer Windhose platt gemacht. Bild: Joachim Lenk

Das Wirtschaftsgebäude dieses Aussiedlerhofes in Trailfingen wurde am Freitag von einer Windhose platt gemacht. Bild: Joachim Lenk

Keine Verletzten, dafür eine dem Erdboden gleichgemachte Scheune eines Aussiedlerhofes, mehrere Dutzend abgedeckte Dächer, beschädigte Gartenhäuser, unzählig viele entwurzelte und abgeknickte Bäume sowie zwei kaputte Fenster in der Kirche. Das ist die Bilanz eines orkanartigen Sturmes, der am Freitagnachmittag gegen 14.30 Uhr über den Münsinger Ortsteil Trailfingen gefegt ist.

Auch am Samstag traf man dort noch den ganzen Tag über Menschen mit Motorsägen und Besen an, die die auf dem Boden liegenden Bäume zerkleinerten und die restlichen Schäden beseitigten. Außerdem standen Trailfinger Bürger auf hohen Leitern und fügten Dachplatten in die teilweise abgedeckten Dächer ein.

Ortsvorsteher Heinz Kurz hat das verheerende Unwetter hautnah miterlebt. Er stand am Fenster und beobachtete den Regen, als plötzlich von Südwesten her „eine weiße Wolke, wie eine Wand“ auf sein Haus zuraste. Äste und „andere Gegenstände“ wurden durch die Luft gewirbelt. „So etwas habe ich noch nie in meinem Leben erlebt“, berichtet der 70-Jährige. Nach etwa drei Minuten sei der ganze Spuk vorbei gewesen.

Kurz ist erleichtert, dass niemand verletzt wurde. Wegen des starken Regens sei niemand auf der Straße unterwegs gewesen. Wie groß der Sachschaden ist, konnte er noch nicht sagen. Die Windhose habe auch zahlreiche Fahrzeuge durch herabfallende Äste und umgeknickte Bäume beschädigt, zudem seien einige Wohnhäuser in Mitleidenschaft gezogen worden.

Ein großes Lob spricht der Ortsvorsteher der Feuerwehr aus. Rund 40 Helfer aus Münsingen und Trailfingen halfen stundenlang mit, die größten Schäden zu beseitigen. Laut Stadtbrandmeister Berthold Hofmann hatte man 55 Einsatzstellen. Für ihn und seine Mannen spendierte die Ortsverwaltung noch am Abend ein „gutes Vesper“.

Glücklicherweise waren in diesem Gebäude keine Tiere untergebracht. Bild: Joachim Lenk

Glücklicherweise waren in diesem Gebäude keine Tiere untergebracht. Bild: Joachim Lenk

Glück im Unglück hatte auch Karl Stiefel in der Ortsmitte, der am Freitagnachmittag mit Freunden in der Garage saß. Er sah ebenfalls „die Nebelwand aus Regen und Wind mit herumfliegenden Ästen“ auf sich zukommen. Nur durch das sofortige Schließen des Tores konnte er „Schlimmeres verhindern“. Bei Ludwig Göhring, dessen Haus nicht weit weg vom Wanderparkplatz Trailfinger Säge steht, beförderte die Windhose eine Hüpfburg an die Grenze des ehemaligen Truppenübungsplatzes. Auf dem Dach wurden ein paar Ziegel verschoben, auf der Wiese gegenüber wurden einige Bäume umgeknickt. „Gott sei Dank ist nichts Schlimmeres passiert“, sagt er erleichtert.

Lob für die Hilfskräfte gibt es auch von Münsingens Bürgermeister Mike Münzing, der sich nach dem Unwetter vor Ort ein Bild gemacht hat. Er selbst sah noch Teile des landwirtschaftlichen Anwesens des Lindenbauer-Hofes, die der Sturm rund 200 Meter umhergewirbelt hatte. Er sei froh, dass dort keine Tiere mehr waren. In der knapp einen Kilometer Luftlinie entfernten Stadt Münsingen hatte man von der Windhose nichts mitbekommen, fügt der Bürgermeister hinzu.

Allerdings hat der Sturm auf dem angrenzenden ehemaligen Truppenübungsplatz kräftig gewütet. Allein auf dem Wanderweg Numero 5, der Richtung Gruorn beziehungsweise auf die Aussichtsplattform Gänsewag führt, wurden knapp 50 Obstbäume umgeknickt, teilt Revierleiter Walter Krug vom Bundesforstamt Heuberg auf Anfrage mit. Bis Sonntag waren er und seine Waldarbeiter dabei, die Wege von den Ästen zu befreien. Insgesamt fielen dem Unwetter im Herzstück des Biosphärengebietes Schwäbische Alb rund 600 Festmeter Holz, in erster Linie Buchen und Fichten, zum Opfer.

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Erstellt:
30.08.2020, 14:10 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 38sec
zuletzt aktualisiert: 30.08.2020, 14:10 Uhr

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