Tübingen · Abschiebung

Abgeschobener Sabir H. wurde nicht ins Amt gelockt

Das Regierungspräsidium Karlsruhe wies an, einen Pakistaner im Tübinger Bürgeramt festzunehmen.

10.02.2020

Von sg

In der Unterkunft in der Europastraße lebte Sabir H. Archivbild: Marko Knab

In der Unterkunft in der Europastraße lebte Sabir H. Archivbild: Marko Knab

Der Pakistaner Sabir H. wurde nicht unter einem Vorwand aufs Ausländeramt der Stadt Tübingen gelockt, um von der Polizei abgeholt zu werden. Dies hatte sein Unterstützerkreis am Freitag behauptet. Vielmehr ging er ohne Aufforderung durch die Stadt am 4. Februar zum Bürgeramt, da seine Duldung abgelaufen war und er diese verlängern wollte. Die Ausländerbehörde rief dann bei der Polizei an, um ihn in Abschiebegewahrsam zu nehmen. So stellten es gestern die Stadt in einer Pressemitteilung und eine Sprecherin des Polizeipräsidiums übereinstimmend dar.

H. verbrachte eine Nacht im Abschiebegewahrsam in Pforzheim und wurde am 5. Februar nach Pakistan geflogen. Ursprünglich sollte er an diesem Tag in seiner Unterkunft in der Europastraße abgeholt und zum Flughafen gebracht werden, sagte die Polizeisprecherin. Doch habe das Regierungspräsidium Karlsruhe am 4. Februar verfügt, ihn zu verhaften. Das bestätigte das RP und erklärte, H. habe seit zwei Jahren mit seiner Abschiebung rechnen müssen.

Die Stadt teilte mit, ihre Mitarbeiter hätten mit dem Anruf bei der Polizei nicht willkürlich gehandelt, sondern die Anordnung des Regierungspräsidiums umgesetzt. Dabei sei es „nicht erheblich, ob Straftaten begangen wurden. Maßgeblich ist, ob die Person vollziehbar ausreisepflichtig ist. Dies war bei Herrn H. seit 2017 der Fall.“ Die zuständige Bürgermeisterin Daniela Harsch erklärte: „Uns ist bewusst, dass eine Festnahme in den Räumen der Ausländerbehörde zu einer erheblichen Verunsicherung führen kann.“ Sie sehe aber keine rechtliche Möglichkeit, einer Anordnung des Regierungspräsidiums nicht Folge zu leisten. „Herr H. wurde von uns nicht vorgeladen.“

Der Landtagsabgeordnete Daniel Lede Abal (Grüne) kritisierte am Montag weniger den konkreten Fall als die Grundsatzregelung: „Der Mann hatte einen Asylantrag gestellt, dieser war abgelehnt worden, er ist ausreisepflichtig. Es gab hierzu eine richterliche Entscheidung und eine Anweisung des Regierungspräsidiums Karlsruhe an das Tübinger Amt. Das Team der Stadtverwaltung Tübingen hatte hier angesichts der richterlichen Anweisung keinen Spielraum.“

Der Sprecher für Migration und Integration seiner Fraktion kritisierte aber: „Wie sollen wir den Menschen bitteschön erklären, dass sie mit unseren Ämtern zusammenarbeiten sollen? Das spricht sich doch herum.“ Die Menschen bekämen Angst vor Ämtern. Das mache es allen Beteiligten viel schwerer. „Wenn wir auf solchen Wegen abschieben, führt das unweigerlich zu einem schlimmen Vertrauensverlust.“