Fußball

Ein richtungsweisender Erfolg

Die DFB-Frauen haben vor 77 768 Zuschauern gegen England gewonnen. Wichtiger als der 2:1-Sieg wiegt die Erkenntnis: Deutschland ist auf einem guten Weg.

12.11.2019

Von NADINE VOGT

Marozsàn (l.), Däbritz und Kleinherne feiern mit Kapitänin Popp ihren Treffer zum 1:0.  Foto: imago

Marozsàn (l.), Däbritz und Kleinherne feiern mit Kapitänin Popp ihren Treffer zum 1:0. Foto: imago

London. Für wenige Sekunden war das Spiel Nebensache. In der 65. Minute, als die Stadionsprecherin ansetzte, um die Zahl zu verkünden auf die an diesem Abend so viele auf den Rängen im Wembley-Stadion gewartet haben: 77?768 Zuschauer. Und die jubelten, als sie das hörten. Laut und stolz schwenkten sie ihre England-Fahnen bei eisigen sieben Grad Celsius und strömendem Regen. Ein Meer aus roten Kreuzen auf weißem Grund.

England, die fußballverrückte Nation, hat das geschafft, wovon man in Deutschland noch weit entfernt scheint. Die „Lionesses“, die Löwinnen, sind angekommen. Als Weltmeisterschafts-Vierter in der Weltspitze. Als Zuschauergarant im Wembley-Stadion. Mit Sponsorenrelevanz im nationalen Sportwettbewerb.

Kleinherne: Debüt mit 18 Jahren

„Da müssen wir von den Engländern lernen, wie der Frauenfußball hier in der Gesellschaft festgeschrieben ist“, sagt DFB-Präsident Fritz Keller, der seit September im Amt ist. „Und das kriegen wir in Deutschland auch hin, da bin ich mir sicher.“ Kelle und seine Vertreter Hannelore Ratzeburg und Rainer Koch waren am Samstag im Stadion. Ein Zeichen der Aufmerksamkeit, denn zeitgleich spielte Bayern München gegen Borussia Dortmund in der Bundesliga. Im Wembley sah die Führungsspitze des deutschen Fußballs eine packende Partie zweier Mannschaften, die das Prestige-Duell unbedingt gewinnen wollten.

Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg machte mit ihrer Aufstellung klar, wohin die Zukunft gehen soll: Eine Debütantin schaffte es als linke Außenverteidigerin in die Startelf, Sophia Kleinherne, 18 Jahre alt. Neben ihr spielte Lena Oberdorf, 17 Jahre alt, Innenverteidigerin. Vor ihr Klara Bühl, 18 Jahre alt, siebenfache Torschützin in zehn Länderspielen. „Es ist natürlich ein Ziel von jedem Mädchen, das Fußball spielt, irgendwann mal hier zu stehen.“, sagte Kleinherne, nachdem sie über 90 Minuten vor der beeindruckenden Kulisse auf dem Platz war. „Ich habe damit nicht gerechnet, von daher habe ich mich sehr gefreut.“ Die jungen Spielerinnen, aber auch die Routiniers um Dzsenifer Marozsán, Sara Däbritz oder Alexandra Popp, lieferten von Beginn an ab, was die Trainerin sehen wollte: Ein selbstbewusstes Spiel auf Augenhöhe, mit Mut in der Offensive und kompromisslosen Aktionen im Defensiven.

Kapitänin Popp stellte ein erneutes Mal ihre Torgefährlichkeit per Kopf unter Beweis (9.). Torhüterin Merle Frohms, die während der WM im Sommer nur auf der Ersatzbank saß, riss im Elfmeterduell mit Nikita Parris reflexartig den linken Fuß nach oben (36.). Und Bühl schoss – nach Ausgleich durch Ellen White (44.) – den Treffer zum 2:1-Sieg (90.). Vom linken Strafraumende ins lange Eck, als hätte sie das schon zigmal so gemacht.

„Wir haben unseren Job heute gut gemacht“, sagte die Bundestrainerin nach der Partie. Der „Prozess“ des Umbruchs sei nach dem Viertelfinal-Aus bei der WM „jetzt sehbar und spürbar“. Was spielerisch gelang, soll sich nun auch abseits des Feldes in Deutschland weiterentwickeln. „Wir haben hier viel mitnehmen können als DFB“, sagt Voss-Tecklenburg. „Wenn du dann noch gewinnst, hilft uns das natürlich noch mehr, die Sachen in die richtige Richtung zu schieben.“ Künftig wollen sich die 51-Jährige und ihr Trainerteam auch selbst ein Bild über die Trainingsstrukturen in Großbritannien und das Niveau der Liga machen.

DFB-Präsident Fritz Keller ließ am Rande des Spielgeschehens in London erkennen, dass er schon bald ein anderes Thema angehen will. Bestes Beispiel dafür ist Klara Bühl, die mit 13 Jahren in die Jugend von Bundesligist SC Freiburg wechselte, und seit dem dort spielt. Denn Vereine, die junge Spielerinnen ausbilden, sollen künftig für ihre Nachwuchsarbeit belohnt werden. Aber alles „step by step“, wie Keller nach dem 2:1-Erfolg in den Katakomben des Wembley-Stadions sagte.

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Erstellt:
12.11.2019, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 51sec
zuletzt aktualisiert: 12.11.2019, 06:00 Uhr

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