Tag des offenen Denkmals

Ein bröckelnder Solitär: Ochsenmauer auf der Tübinger Viehweide

Eine Station am Tag des offenen Denkmals war am Sonntag die Ochsenmauer im Tübinger Technologiepark.

12.09.2021

Von Monica Brana

14 stilisierte Ochsen zeigt die Mauer, die der Künstler Emil Jo Homolka im Jahr 1960 für das Gelände der Bundesforschungsanstalt für Viruserkrankungen der Tiere schuf. Heute steht die Ochsenmauer mitten im Technologiepark. Wie sie erhalten werden soll, erklärte am Sonntag der Restaurator Fabian Schorer (links am Bauzaun) bei zwei Führungen. Bild Uli Rippmann

14 stilisierte Ochsen zeigt die Mauer, die der Künstler Emil Jo Homolka im Jahr 1960 für das Gelände der Bundesforschungsanstalt für Viruserkrankungen der Tiere schuf. Heute steht die Ochsenmauer mitten im Technologiepark. Wie sie erhalten werden soll, erklärte am Sonntag der Restaurator Fabian Schorer (links am Bauzaun) bei zwei Führungen. Bild Uli Rippmann

Die „Ochsenmauer“ im Technologiepark auf der oberen Viehweide steckt mitten in der Restaurierung. Normalerweise erntet das 23 Meter lange Betonrelief lediglich beiläufige Blicke der Nutzer des direkt daneben neu erbauten Parkhauses. Am Sonntag indes stand das 1960 aufgestellte Kunstwerk bei zwei Führungen zum „Tag des offenen Denkmals“ im Zentrum des Interesses zahlreicher Besucher.

Bilder im Kofferraum

Die Mauer wurde durchleuchtet, abgeklopft und ihre Renovierungsfähigkeit wurde an mehreren Stellen beprobt, erklärte der Kusterdinger Restaurator Fabian Schorer 16 sehr interessierten und vorwiegend älteren Zuhörern bei seiner ersten Führung. Gut eine halbe Stunde lang erläuterte Schorer Aufbau und Zustand des „Solitärs“ sowie Möglichkeiten zum Erhalt des Einzeldenkmals.

Vermutlich werden einzelne Restaurierungsmaßnahmen im Winter ausgeschrieben und im kommenden Jahr erledigt, schätzte Schorer. Da die Frontseite der von Baustellen umgebenen Mauer abgesperrt war, sah sich die Gruppe die Reliefs auf Fotos des Denkmalamts an. Die Bilder hatte Schorer im Kofferraum seines Autos aufgehängt.

Der 1925 geborene Bildhauer Emil Jo Homolka, ein Schüler von Karl Hils, sei wohl dabei gewesen, als die Negativverschalung vor 61 Jahren senkrecht aufgestellt und mit Beton gefüllt wurde, sagte der Restaurator. Deutlich zeichneten sich in der Mittagssonne die Brettabdrücke der einstigen Schale auf dem in einem Stück gegossenen Kunstwerk ab. „Das müsste man kunsthistorisch mal angehen, da würde noch sehr viel rauskommen“, war Schorer überzeugt und verwies auf die Struktur des 60er Jahre-Betons, auf Risse und weitere Schäden.

Efeu und Wein habe sein Team von der Ochsenmauer entfernt. 14 „stark behörnte Tiere“, holzschnittartig stilisierte Ochsen, kamen auf der Vorderseite zum Vorschein. Sie ist dem einstigen Pförtnerhäuschen der ehemaligen Bundesforschungsanstalt für Viruserkrankungen der Tiere zugewandt. Gemeinsam mit den Forschungsgebäuden wurden Mauer und Häuschen als zusammenhängendes Ensemble gebaut, erläuterte Schorer.

Armierung rostet

Auf der gut drei Meter hohen Mauer habe „ein dickes biologisches Paket“ gesiedelt. Die harzigen Haftwurzelreste der Weinranken an den Seiten sollen nur leicht reduziert werden: „Diese Pads wittern dann ab.“ Erst nach Wegzug der Bundesforschungsanstalt vor etwa zehn Jahren sei die Mauer zugewachsen, erinnerte sich eine Führungsteilnehmerin.

Im Beton verberge sich eine Armierung, die durch eindringendes Wasser teilweise roste. Mörtel solle auf und in der Mauer wieder für Stabilität sorgen. Abbrechende Mauerstücke sollen gereinigt und wieder angeklebt werden. Ein Musterfeld auf der Rückseite der Mauer direkt neben dem Parkhauseingang sei zur Probe gereinigt worden, mit 200 Grad heißem Trockendampf und wenig Wasser, wie Schorer betonte. Kosten und Möglichkeiten sollten dadurch abgeschätzt werden.

Schutz vor Schmierereien

Das Denkmalamt hat noch nicht entschieden, wie man die Ochsenmauer künftig gegen Schmierereien und

Graffiti schützen werde, sagte Restaurator Fabian Schorer. „Oh nein“,

stöhnten mehrere Teilnehmer angesichts seiner Befürchtung, dass die große gereinigte Fläche mit ihren dekorativen Querbändern und Kassetten zur Einladung für Sprayer werden könnte. „Es gibt einen anderen optischen Eindruck“ – je nach gewähltem Schutzmittel, gab der Restaurator zu bedenken. Helfen gegen mutwillige Beschädigungen könnten aber auch die Überwachungskameras, die der neue Nachbar Amazon dort gerade aufbaut, um seine KI-Forscher zu schützen.

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Erstellt:
12.09.2021, 16:43 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 33sec
zuletzt aktualisiert: 12.09.2021, 16:43 Uhr

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