Universität Hohenheim

Ein Vulkanausbruch zum Jubiläum

Höhepunkt der Festwoche zum 200. Geburtstag der Universität ist eine Lichtshow, die an die Eruption des Tambora in Indonesien und damit an die Gründung der Hochschule erinnert.

09.07.2018

Von BARBARA WOLLNY

Bildgewaltig: Der Ausbruch des Tambora wurde am Samstag auf die Fassade von Schloss Hohenheim projiziert. Foto: Ferdinando Iannone

Bildgewaltig: Der Ausbruch des Tambora wurde am Samstag auf die Fassade von Schloss Hohenheim projiziert. Foto: Ferdinando Iannone

Stuttgart. Der Himmel ist schwarz von Asche und Staub, es rumpelt und kracht, Menschen versuchen, sich vor der glühenden Lava in Sicherheit zu bringen. Hochdramatisch startet die Sound- und Lightshow von Kurt Laurenz Theinert, die Samstagnacht als Höhe- und Endpunkt der Festwoche zum 200. Geburtstag der Uni Hohenheim auf die Schlosswand projiziert wurde.

Der Vulkanausbruch Tambora im April 1815 sorgte nicht nur in Indonesien für Tod und Not, sondern auch im weit entfernten Europa für Missernten und Hungersnöte. Und er war der Auslöser dafür, dass ein Jahr später auf den Fildern oberhalb Stuttgarts König Wilhelm den Grundstein für eine „Landwirtschaftliche Unterrichts-, Versuchs- und Musteranstalt“ legte – die Vorläuferin der heutigen Universität Hohenheim. Mit Forschung und Bildung wollte der König die bessere Ernährung seiner Untertanen sicherstellen und bewies damit den richtigen Weitblick. Aus der kleinen Landwirtschaftsschule wurde eine ausgewachsene Bildungseinrichtung mit drei großen Fakultäten und internationalem Renommee.

Unter großer Beteiligung vieler Uni-Mitarbeiter und Studenten wurde 2015 mit den Geburtstagsvorbereitungen begonnen. Früh standen zwei Grundsätze fest: „Es sollte weniger um die Vergangenheit, sondern mehr um zukunftsorientierte Themen und Projekte gehen. Und das Jubiläum durfte nicht zu teuer werden, denn wir arbeiten mit öffentlichen Geldern“, erklärt Johanna Lembens-Schiel, die das Hochschulmarketing leitet. Bereits im Januar starteten die ersten Jubiläumsprojekte, sie werden bis Ende des Jahres fortgesetzt. Höhepunkt aber war die vollgepackte Festwoche, die vergangenen Montag mit dem wissenschaftlichen Symposium „Dies Academicus“ begonnen hatte und am Samstag publikumswirksam mit dem „Tag und der Nacht der offenen Tür“ zu Ende ging.

Mit Kind und Kegel, Hund, Roller oder Rollator strömten die Gäste schon morgens auf den Campus und mussten sich dort entscheiden, was sie aus der Fülle der Darbietungen und Angebote nutzen wollten. Allein das Informationsheft für die Festwoche füllte 64 Seiten und reichte von Veranstaltungen zu innovativer Schweinehaltung und Frischkäse-Forschung über den Klimawandel bis hin zu „Börse leicht gemacht“. Dabei wurden alle Themen anschaulich mit einem Bezug zum Alltag der Besucher präsentiert, wobei es die in Hohenheim angesiedelten Agrar-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften naturgemäß leichter haben als eine Germanistik- oder Informatikfakultät.

Zwei besonders beliebte Anziehungspunkte waren die Bienenkunde und der Weinberg. Bei den Imkern gab es Honig-Eis und Jubiläums-Honig zu kosten. Im zwei Hektar großen Uniweinberg traf man Oberbürgermeister Fritz Kuhn und Unirektor Stephan Dabbert, die sich von Weinberg- und Kellerchef Nikolaus Merkt über Schädlingsbekämpfung an den Reben aufklären ließen.

An der Verkostung des Jubiläumsweins indes nahmen sie nicht teil. Extra für die Jubiläumsabfüllung waren Barrique-Eichenfässer angeschafft worden, in dem der Jahrgang 2016 dann fast zwei Jahre lang lagerte. Das Ergebnis: ein trockener Weißwein mit fruchtigen Pfirsich-Aprikosen-Aromen und dezentem Muskatton. Genau das richtige Getränk für einen schönen Sommertag, das allerdings nicht ganz billig ist: 16 Euro sind für eine Flasche des raren Uni-Tropfens Bacchus zu zahlen.

Jubiläumswein und Honig-Eis

Doch auch ohne Weingenuss zeigte sich Gastgeber Dabbert in bester Feierlaune: Die Festwoche und vor allem auch der heutige Tag seien großartig und hätten seine Erwartungen mehr als erfüllt: „Das riesige Interesse der Öffentlichkeit bekräftigt, dass wir mit unseren Zukunftsthemen genau richtig lagen. Es ist wunderbar, dass wir konkret zeigen können, wie Wissenschaft innovative Lösungsansätze bietet.“

Vor dem Schloss musizierten Uni-Chor und Uni-Big-Band, an langen Tafeln wurde getrunken und gegessen, auf dem internationalen Studierenden-Jahrmarkt gab es Informationen und Selbstversuche zu wissenschaftlichen Projekten. Die Kinder waren mit der Bauernhofrallye beschäftigt oder bestiegen die Kutsche mit vier vorgespannten Shetty-Ponys, die unermüdlich ihre Runden zwischen den frisch gemähten Wiesen des großen Schlossparks drehten.

Christine Clement, die das wissenschaftliche Programm des Jubiläumsjahrs koordiniert, hatte am Ende nur einen Wunsch offen: „Dass es auch in Zukunft so weitergeht. Bei den Vorbereitungen für das Jubiläum gab es so viele neue ldeen und Raum für Kreativität. Das sollten wir uns erhalten.“

Ministerpräsident im Labyrinth der Artenvielfalt

Schwerpunkte „Bioökonomie und Artenvielfalt“ heißen die Jubiläums-Schwerpunktthemen der Uni Hohenheim. Das Wirtschaften ohne fossile Ressourcen und das Artensterben bestimmen auch außerhalb des Campus derzeit die naturwissenschaftliche Diskussion. Deshalb wurde eine Uni-Delegation zur Stallwächterparty der baden-württembergischen Landesvertretung nach Berlin eingeladen. Auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) erkundete dabei am Donnerstag in einem begehbaren „Labyrinth der Artenvielfalt“ die Zusammenhänge der heimischen Ökosysteme.?bw