Tübingen

Ein Unding

24.01.2022

Von Michael Proß, Tübingen

Wenn der Bundestagsabgeordnete Chris Kühn öffentlich von der „tiefen Entfremdung zwischen uns Grünen und dem Tübinger Oberbürgermeister“ spricht, vereinnahmt er damit ziemlich übergriffig auch alle Tübinger Grünen, die mit guten Gründen anderer Meinung sind. Nun ja, ein Abgeordneter muss auf einen guten Landeslistenplatz achten und sollte sich eher nicht mit den jeweiligen aktuellen Strömungen der Landespartei anlegen.

Ein OB andererseits, der stromlinienförmig einer Parteilinie folgt, ist nach meinem Urteil eine krasse Fehlbesetzung. Bei der nichtöffentlichen Klausur des Grünen Ortsverbandes mit Boris Palmer im November 2021 war bei aller Kritik mehrheitlich die Bereitschaft für eine weitere Zusammenarbeit deutlich erkennbar. Eine Zusammenarbeit auf der Basis eines drohenden Hinauswurfs ist allerdings ein Unding, besonders dann, wenn es Kräfte gibt, die augenfällig das Verfahren bewusst verzögern.

Fraglich ist, wie viele, die zukunftsfähige erfolgreiche Kommunalpolitik in Tübingen wollen, tatsächlich eine unwiderrufliche „Entfremdung“ spüren. Das Ergebnis einer Urabstimmung der 400 Parteimitglieder entscheidet bei 70 000 Wahlberechtigten die OB-Wahl so oder so nicht allein.