Rottenburg · Kinderbetreuung
Der Gummistiefel-Kindergarten
Den Rottenburger Waldkindergarten gibt es jetzt seit 20 Jahren. Am Samstag wurde das mit Musik und einem Entdeckerpfad im Wald gefeiert.
Die „Frischlinge“ des Waldkindergartens eröffneten die Feier am Samstag mit einem Lied, in dem sie Tierlaute auf Wasserflöten, mit Stöcken und hölzernen Instrumenten nachahmten. Passende Tiermasken schmückten ihre Gesichter. Kerstin Miller, die Vorsitzende des Vereins „Die Frischlinge“, dankte ihren Vorgänger-Vorständen und vor allem den Initiatoren des Waldkindergartens. „Sie haben nie den Mut verloren und einen riesengroßen Idealismus gehabt.“
Eine Frau der ersten Stunde ist die Erzieherin Mary Becker. Sie ist seit 20 Jahren dabei. Als Dankeschön überreichte ihr Kerstin Miller einen Lavendelbusch. Etliche ehemalige Waldkindergarten-Kinder und -Eltern waren gekommen. An einer Bilderwand konnten sie in Erinnerungen schwelgen. Revierförster Lorenz Truffner war ebenfalls da. Er stehe dem Waldkindergarten mit Rat und Tat zur Seite, sagte Miller. Auch wenn es darum gehe, ob die Kinder nach einem Sturm wieder in den Wald können.
Herkömmliche Kindergärten nennen die Waldkinder „Hausschuh-Kindergärten“. Die Spielräume der Waldkinder sind im Freien. Wer am Samstag dem Schild „Waldspiele“ folgte, kam dorthin. Die Forststudenten Dominik Weber und Elisabeth Klingenberg hatten dort Attraktionen aufgebaut, die selbst Kinder begeistern, die sich fünf Tage in der Woche in der Natur aufhalten. Zwischen den Bäumen waren Seile gespannt, die den Kindern als „Pirschpfad“ dienten. Zwischen dem Buschwerk hatten die Studenten ausgestopfte oder ausgesägte Tiere versteckt: Dachs, Wildschwein, Fuchs und Schwarzspecht. Die galt es zu entdecken. In einem Zelt lagen Ferngläser, die die Suche erleichterten.
Auf einem Dendrophon aus frei hängenden Ästen verschiedener Baumarten konnten die Kinder mit Stöcken unterschiedliche Töne erzeugen. Ein gutes Gleichgewicht war für die Slackline nötig. Außerdem gab es Mikroskope und einen Stand zum Sägen. Dieses Angebot bietet die Forsthochschule auch für Schulklassen an, berichtete Weber. Dann meist in Rahmen eines Waldspaziergangs.
Als besonderen Gast hatte der Waldkindergarten den Tübinger Liedermacher Hans Spielmann eingeladen.
Aus einer Elterninitiative entstanden
Der Waldkindergarten „Die Frischlinge“ entstand 1999 aus einer Elterninitiative heraus. Damals gab es in Rottenburg zu wenig Kindergartenplätze. Der Waldkindergarten nimmt 20 Kinder ab drei Jahren bis zum Schuleintritt auf. Der Trägerverein beschäftigt vier Erzieherinnen mit waldpädagogischer Fortbildung. Eine beheizbare Hütte steht für extreme Wetterbedingungen und als Lagerraum zur Verfügung. So viel es geht, halten sich Kinder und Erzieherinnen im Freien auf. Der Waldkindergarten hat eine Kernzeit von 8 bis 12.30 Uhr. Maximale Betreuung ist von 7.30 bis 13.30 Uhr möglich.
Ein neues Angebot ist die Waldläufer-Gruppe für 5- bis 12-Jährige, die sich einmal im Monat samstags treffen. Für die Kindergartenkinder ist so der Übergang in die Schule sanfter. Die Erzieherinnen können den weiteren Weg ihrer Schützlinge verfolgen.
Bundesweit gibt es 2000 Waldkindergärten und Kindergärten mit naturpädagogischem Konzept. In den vergangenen fünf Jahren hat sich das Angebot mehr als verdoppelt.