Baden in Sonne und See

Ein Sommertag am Hirschauer Baggersee

Am Hirschauer Baggersee gibt es Nacktbaderinnen und Naturanbeter, Ruhe, Schilf, eine ausgezeichnete Wasserqualität und sogar ein bisschen Privatsphäre.

13.08.2018

Von Miri Watson

Anton hat Spaß beim Baden und Planschen im See. Bild: Franke

Anton hat Spaß beim Baden und Planschen im See. Bild: Franke

Ziemlich lange“ haben der sechsjährige Anton und sein Ersatzopa mit dem Fahrrad von Tübingen aus gebraucht, um den Hirschauer Baggersee zu erreichen. Immerhin 24 Minuten waren sie unterwegs, zwischendurch sind sie einen Umweg gefahren. Dafür haben sie jetzt keine Parkplatzprobleme und haben sich den Sprung ins kühle Nass redlich verdient. Wer sein Auto bei den Feldern direkt am See abstellt, kann zu 30 Euro Strafe verdonnert werden; wer ein paar Meter weiter im Rittweg parkt, muss seine Luftmatratze dafür ein Stück tragen.

Träge und faul in der Natur

Anton ist froh, jetzt im Wasser schwimmen und planschen zu können. Direkt an der Stelle, an der er ins Wasser hineingeht, türmen sich Berge von grünen Algen am Ufer, das Wasser selbst ist sauber. Anton ist erst zum zweiten Mal am Baggersee in Hirschau, aber wahrscheinlich wird er wiederkommen, schließlich gefällt es ihm hier „ganz schön gut“: „Am besten finde ich, dass die Sonne und das Wasser hier so schön sind und dass es nicht so laut ist“.

Nur das Geschnatter der Enten ist zu hören an diesem Samstagnachmittag am Epple-See, dazu hin und wieder ein Flugzeug, das über den leicht bewölkten Himmel über Hirschau rattert, und das Knirschen des Kieswegs, der um den See führt. Kein Gekreische, nicht einmal Geplätscher; der See und die Badegäste liegen träge und faul in der Natur herum, wer sich entspannen möchte, kann sich hier entspannen.

Die Hitze der vergangenen Wochen hat das kleine Bächlein zwischen Anglersee und Badesee ausgetrocknet, ansonsten scheint es, als hätte die vom Himmel brennende Sonne nicht allzu viele Schäden hinterlassen: Das Gestrüpp rund ums Wasser gedeiht prächtig, die wildwachsende Vegetation bietet den Seebesuchern Privatsphäre. Büschelweise Brennnesseln, umgestürzte dünne Bäume und hohes Schilfgras schützen diejenigen, die die Sonne gerne nackt genießen, vor den Blicken der Spaziergänger und Radfahrer, nur braungebrannte Beine ragen hin und wieder aus dem Dickicht hervor.

„Es ist sehr freizügig hier“, sagt Laszlo Makai, der zum ersten Mal am Hirschauer Baggersee ist; seine Tochter hatte die Idee herzukommen. Die Nacktbader stören den Rottenburger nicht, er findet den See schön: „Ganz nett, ruhig ist es hier. Man kann sich gut entspannen“, so Makai. Auch für Kinder ist der See geeignet, findet er, zumindest sofern sie schwimmen können. „Meine Tochter mag es, weit hinauszuschwimmen.“

Zwei Nacktbaderinnen, die gerne anonym bleiben möchten, genießen die Möglichkeit, auch unbekleidet ins Wasser springen zu können: „Es gibt nichts Schöneres, als nackt zu schwimmen“, sagt die eine und die andere ergänzt: „Das ist ein gutes Lebensgefühl, und hier in der Natur passt das ja auch ganz gut.“

Campen, Musik und Hunde ohne Leine verboten

Das Baden im Hirschauer Baggersee ist unbedenklich: Wer die Verbotsschilder eingangs passiert hat – nicht gestattet ist das Campieren, das Feuermachen, das Musizieren und Musik hören und auch das Mitbringen von nicht angeleinten Hunden – kommt zu einer Anschlagtafel, an der ein Schild über die aktuelle Einstufung des Badegewässers nach der Badegewässerverordnung Auskunft gibt: Drei von drei möglichen Sternen hat der Hirschauer Baggersee, die Wasserqualität ist ausgezeichnet. Genauer ist das auf einem Prüfbericht von vergangener Woche nachzulesen, der direkt daneben angebracht ist und in dem es heißt: „Die mikrobiologische Untersuchung ergab keine Beanstandung.“

Außerdem hat irgendjemand an das Anschlagsbrett noch die Titelseite des TAGBLATTs vom 19. Juli gepinnt, auf der über die Arbeit eines Seegras-Mähers berichtet wird, der Badeseen von Schlingpflanzen befreit. Vermutlich ist dies die Erklärung für die Berge von Algen, die an manchen Stellen neben dem Wasser liegen.

Jetzt, da die drückende Hitze etwas abgenommen hat, sind nicht so viele Menschen im Wasser, weitaus mehr sonnen sich am Ufer. Nur ein paar Luftmatratzen taumeln sachte auf dem See herum, selten springt mal jemand zum Schwimmen in den See. Andrea Schreiber liegt jetzt auch auf ihrem Handtuch, kurz zuvor hat sie den ganzen See durchschwommen – hin und zurück. 50 Minuten brauchte sie für die anderthalb Kilometer: „Ich schwimme zügig“, so Schreiber. Sie ist mit einer Freundin gemeinsam zum See gekommen, Christina Klenz, die ebenfalls den Badenachmittag genießt. „Hier gibt es Natur pur“, so Klenz. „Ich mag das hohe Schilf und alles.“

Stellenweise ist das Ufer vermüllt

Wie überall riecht es auch am Hirschauer Baggersee dieser Tage nach verfaulendem Obst; die ersten gelben Blätter liegen schon auf dem Kiesweg. Noch geht die Badesaison über einen Monat und wenn die Temperaturen anhalten, kann es sein, dass noch bis in den Oktober herein Besucher an den See kommen – und ihren Müll mitbringen. Am Eingang, in der Nähe der großen Müllcontainer, die von der Gemeinde vor einigen Jahren aufgestellt wurden, ist das Seeufer zwar sauber. Wer den See einmal umrundet, sieht aber, dass das nicht überall so ist. Dort, wo es bis zum nächsten Mülleimer ein kleiner Fußmarsch ist, ist das Seeufer vermüllt; Flaschen, Papiertaschentücher, Zigarettenstummel und Plastikverpackungen liegen im Gras herum und haben sich im Schilf verfangen. „Es wäre gut, auch auf der anderen Seite einen Mülleimer aufzustellen“, sagt Olga Biegler, „Da sieht’s übel aus“. Auch wenn sie das Baden im See eigentlich als angenehm empfindet, ist sie über den Geruch des Wassers nicht komplett glücklich: „Ich finde, das mufft ein bisschen. Als ich reingegangen bin, dachte ich: Entenmuff.“ Linda Ramisch, die gemeinsam mit ihr am See ist, vermutet: „Das ist vielleicht auch einfach das Wetter.“

Hinein ins kühle Nass!

Sich badend erfrischen kann man in der Region neben den beiden Baggerseen in Hirschau und Kirchentellinsfurt, die als ehemalige Kiesgruben der Firma Epple entstanden sind, und dem erst kürzlich erweiterten Tübinger Freibad noch andernorts: Beliebt ist etwa der Aileswasensee in Neckartailfingen, die Gönninger Seen in der Nähe von Lichtenstein und der Stausee in Schömberg. Wem Baden in der puren Natur nicht so behagt, kann sich etwa im Entringer Freibad oder im Waldfreibad Öschingen abkühlen; das Naturfreibad in Herrenberg bietet Wasser ohne Chlor, im Wellenbad Markwasen in Reutlingen gibt’s bis zu 1,50 Meter hohe Wellen.

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Erstellt:
13.08.2018, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 4min 09sec
zuletzt aktualisiert: 13.08.2018, 01:00 Uhr

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