Tatort

Ein Mann sieht rot

Der neue Fall aus Stuttgart ist ein packender Rachekrimi mit einer schillernden Hauptfigur und zwei bewährten Ermittlern.

31.10.2020

Von MARTIN WEBER

Oliver Manlik (Barnaby Metschurat), der sein früheres Leben zurückbekommen will, versucht, die Kommissare Lannert (Richy Müller, hinten l.) und Bootz (Felix Klare, hinten r.) dafür zu instrumentalisieren. Foto: Benoît Linder/SWR/dpa

Oliver Manlik (Barnaby Metschurat), der sein früheres Leben zurückbekommen will, versucht, die Kommissare Lannert (Richy Müller, hinten l.) und Bootz (Felix Klare, hinten r.) dafür zu instrumentalisieren. Foto: Benoît Linder/SWR/dpa

Stuttgart. Ein Mann steigt aus dem Flugzeug, niemand holt ihn ab. Er checkt in einer billigen Pension ein und stählt seinen sehnigen Körper mit Krafttraining. Oliver Manlik, das wird in den ersten Minuten dieses spannenden „Tatorts“ deutlich, ist ein Mensch mit einer Mission. Tatsächlich will der einsame Wolf mit den harten Muskeln und den traurigen Augen, den der exzellente Schauspieler Barnaby Metschurat mit Herzblut verkörpert, Wiedergutmachung für drei Jahre und vier Monate Haft in den USA.

Weil ihn die Stuttgarter Firma, für die er arbeitete, in einem Korruptionsskandal als Bauernopfer verheizte, kam Manlik in Amerika ins Gefängnis und verlor alles. Jetzt ist er im Schwaben-Krimi „Tatort: Der Welten Lohn“ (1.11., ARD) wieder da und will von seinem früheren Chef Joachim Bässler (Stephan Schad) Wiedergutmachung in moralischer und finanzieller Hinsicht.

Doch der hartherzige Mittelständler Bässler, ein arg plakativ gezeichneter Wirtschaftskapitän der wenig sympathischen Sorte, lehnt rundweg ab – und ein packender Rachekrimi nimmt seinen Anfang.

Fragt sich, wie die beiden bewährten Ermittler Thorsten Lannert (Richy Müller) und Sebastian Bootz (Felix Klare) von der Stuttgarter Mordkommission ins Spiel kommen. Ganz einfach: Sie müssen den rätselhaften Tod der Personalchefin des Unternehmens aufklären, deren Leiche im Wald gefunden wurde. Sie erfahren vom Konflikt zwischen der Firmenleitung und dem früheren Mitarbeiter und fragen sich, ob Manlik etwas mit dem Tod der Managerin zu tun hat.

Als ein Sprengsatz in Bässlers Auto explodiert und der Firmenchef verletzt wird, wittern der erfahrene Lannert und der impulsive Bootz, dass möglicherweise eine Spirale der Gewalt in Gang gesetzt wurde, die nur schwer zu stoppen ist. Sie beschatten den auch von seiner Ex-Frau und seinem Sohn zurückgewiesenen Oliver Manlik, den sie zu Recht für eine tickende Zeitbombe halten – und bemerken dabei, dass der ehemalige US-Häftling von einem zu allem entschlossenen Killer verfolgt wird.

Spannend, schnörkellos und mit starken Figuren: Der neue „Tatort“ aus Stuttgart ist zwar ein konventionell erzählter, aber handwerklich rundum gut gemachter Krimi um einen Mann, der ungerecht behandelt wurde und auf Vergeltung aus ist, als er merkt, dass es für ihn keine Wiedergutmachung geben wird.

Barnaby Metschurat schafft es, Sympathien für diesen zwischen purer Verzweiflung und kaltblütiger Heimtücke hin- und hergerissenen Mann zu wecken, was den Reiz des von Regisseur Gerd Schneider packend inszenierten Krimis erhöht, den Zuschauer aber auch zum Nachdenken über Rache und Selbstjustiz zwingt.