Klimaschutz
Ein Booster für die Wende
Früheres Aus für die Kohle, dafür sehr viel mehr Wind- und Sonnenstrom: Die Ampel-Koalition will den?Umstieg auf Erneuerbare Energien in Deutschland beschleunigen.
War es bislang gesetzlich vereinbart, spätestens 2038 aus der klimaschädlichen Kohleverstromung auszusteigen, soll nun 2030 Schluss sein mit der Kohle. „Zur Einhaltung der Klimaschutzziele ist auch ein beschleunigter Ausstieg aus der Kohleverstromung nötig“, heißt es im Koalitionsvertrag. „Idealerweise“ gelinge das schon bis 2030. Spätestens seitdem die Große Koalition die eigenen Klimaziele als Antwort auf den Klimabeschluss des Bundesverfassungsgerichtes noch mal verschärft hat – Deutschland will schon 2045 klimaneutral werden –, war allen Experten klar, dass das mit einem Kohleausstieg 2038 nicht zu schaffen ist.
Das wusste auch Olaf Scholz, der sich diese Forderung in der Hoffnung auf Wählerstimmen aus den Revieren im Wahlkampf dennoch nicht zu eigen gemacht hat. Musste er auch nicht, waren sich Energieökonomen ja ohnehin weitestgehend einig, dass die Kohle schon weit vor dem angepeilten Ausstiegsdatum aufgrund steigender CO2-Preise unrentabel würde und Betreiber die Kraftwerke, sofern es die Versorgungssicherheit erlaubt, von alleine abschalten würden.
Genau diesen Mechanismus will nun auch die Ampel nutzen. So liegt der CO2-Preis im EU-Emissionshandel momentan bei knapp 75 Euro die Tonne. Allen Prognosen nach wird er langfristig nicht mehr großartig unter dieses Niveau fallen, sondern eher steigen. „Sollte die Entwicklung der nächsten Jahre anders verlaufen“, heißt es nun im Koalitionsvertrag, werde man über entsprechende „nationale Maßnahmen entscheiden“, damit der Preis nicht unter 60 Euro fällt.
Umsetzen muss dieses Mammutprojekt wohl der künftige Klimaminister Robert Habeck (Grüne) – auch gegen Widerstände aus der eigenen Klientel, verhindern ja nicht selten Naturschützer Windräder. Dies soll in Zukunft erschwert werden, indem Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigt werden, unter anderem indem sie zum „öffentlichen Interesse“ erklärt werden. Zudem sollen neue, moderne Gaskraftwerke gebaut werden, die langfristig auch mit klimaneutralem Wasserstoff betrieben werden können.
Der Deutsche Naturschutzring, der Dachverband der deutschen Umweltverbände, stellt zu den Plänen fest: „Damit kann sich Deutschland in der Spitzengruppe des Klimaschutzes zurückmelden.“ Auch der Bund der deutschen Industrie äußerte sich hoffnungsvoll, dass mit den Ampel-Plänen sowohl die Strompreise sinken – Ökostrom soll mit der Abschaffung der EEG-Umlage 2023 nicht mehr über die Stromrechnung, sondern über den Bundeshaushalt finanziert werden – als auch die Versorgungssicherheit sichergestellt werden könnte. Unzufrieden sind hingegen die Grüne Jugend sowie Fridays for Future, denen das alles zu wenig radikal ist.
In den Kohlerevieren stoßen die Pläne auf wenig Gegenliebe. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sagte, der frühere Kohleausstieg sei enttäuschend. „Das ist ein Signal an die Menschen, dass man Politik nur bedingt trauen kann.“ Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hat als Voraussetzung für einen Kohleausstieg 2030 auf die Schaffung von Industriearbeitsplätzen hingewiesen.