Porträts per Lasertechnik

Ein Blitzer soll her: Rund ein Drittel der Autos im B 27-Tunnel fährt zu schnell

Zuletzt im September 2016 haben Mitarbeiter des Landkreises Tübingen die Geschwindigkeiten von Autos am Dußlinger B 27-Tunnel gemessen. Das Ergebnis: rund ein Drittel aller Autofahrer war im Betonschlauch zu schnell unterwegs.

30.11.2016

Von Eike Freese

Mit einer Geschwindkeit von punktgenau den erlaubten 80 Stundenkilometern (zugegeben, plus Toleranz) war das TAGLBATT für dieses Foto im B 27-Tunnel unterwegs. Trotzdem wurden wir überholt. Keine Seltenheit – deshalb soll möglichst bald ein Blitzgerät her. Bild: Rippmann

Mit einer Geschwindkeit von punktgenau den erlaubten 80 Stundenkilometern (zugegeben, plus Toleranz) war das TAGLBATT für dieses Foto im B 27-Tunnel unterwegs. Trotzdem wurden wir überholt. Keine Seltenheit – deshalb soll möglichst bald ein Blitzgerät her. Bild: Rippmann

Das in einem langen Tunnelbauwerk, in dem ein Unfall weitaus schlimmere Folgen haben kann als auf freiem Feld – und bei rund 30 000 Autos pro Tag. Die Feuerwehr Dußlingen liegt mit ihrem Spezialgerät wohlweißlich in direkter Nähe des Tunnels. Fängt ein Auto hier Feuer, ist schnelles Eingreifen gefragt, da nicht nur die Unfallbeteiligten in große Gefahr geraten.

Ohne Frage erhöht das Rasen im Tunnel wie überall die Unfallgefahr. Und da es offenbar mehr als üblich ist, die hier zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 Stundenkilometern zu überschreiten, „steht das Thema Blitzer schon auf unserer Agenda“, wie Landkreis-Sprecherin Martina Guizetti meldet. Sofort wird allerdings nichts passieren, denn der B 27-Tunnel hat bauliche Hürden, die sich nicht sofort überwinden lassen.

Im Tunnelbauwerk gibt es zwar mögliche Nischen fürBlitzgeräte – allerdings sind die, vereinfacht gesagt, so schmal, dass gewöhnliche Laser-Blitzer dort nicht hineinpassen. Die übliche Alternative, für die diese Nischen auch konstruiert wurden, nämlich für Kameras mit Sensorschleifen im Asphalt, will der Landkreis aber nicht umsetzen: „Weil die Sensorschleifen sehr anfällig sind und oft ausgetauscht werden müssen“, so Guizetti, „was mit Tunnelsperrungen verbunden wäre“. „Geblitzt“ im eigentlichen Sinne wird künftig sowieso nicht: Um die Sünder zu porträtieren, müssen spezielle Schwarzlicht-Anlagen her – um die Autofahrer im Tunnel nicht zu blenden.

Ein Laser-Gerät, das in die Nischen des Tunnels passen würde, befindet sich nach Auskunft des Landratsamts derzeit in der Entwicklung – und wartet auf eine Zulassung von der physikalisch-technischen Bundesanstalt. Die Verwaltung stehe mit der Firma in Verbindung. Die Neuentwicklung misst nicht mit Schleifen im Boden, sondern mit Laser – sie benötigt aber im Gegensatz zu üblichen Geräten weniger lange Messstrecken, um Tempo-Sünden akkurat zu registrieren.

In der Gemeinde Dußlingen selbst merkt man das Fahrverhalten am und im Tunnel deutlich, sagt Bürgermeister Thomas Hölsch: „Wir haben dort eigens Flüsterasphalt – und im Normalfall dürfte man die Autos an den Tunnelausfahrten im Ort gar nicht hören.“ Die Dußlinger hören sie aber doch – und das zeige, wie intensiv sich Raser im Tunnel ihrer Leidenschaft hingäben. „Die wissen genau, dass dort nicht geprüft wird“, sagt Hölsch. Neulich sei er mit exakt 80 Stundenkilometer dort gefahren, als ihn vier Motorradfahrer mit geschätzt Tempo 160 überholt hätten: „Auf den Hinterreifen. Die machen da einen Lifestyle draus!“

Die Kreisverwaltung bekräftigte kürzlich in öffentlicher Sitzung, so schnell wie möglich die Neuentwicklung im Tunnel zu installieren: „Es wäre doch gelacht, wenn deutsche Ingeneure nicht in der Lage sind, einen Blitzer herzustellen, der in den Tunnel passt“, formulierte das Landrat Joachim Walter. Das Amt will aber nach Auskunft von Sprecherin Guizetti auf Nummer sicher gehen, dass die Zulassung der Bundesanstalt für das neue Gerät tatsächlich erfolgt. Wenn ja, will sie den B 27-Tunnel-Blitzer im neuen Verkehrsüberwachungskonzept, das der Kreistag im Frühjahr 2017 beraten will, berücksichtigen. Für die einzelnen Posten des Überwachungs-Konzepts sind im Haushaltsplan für das kommende Jahr 300 000 Euro vorgesehen. Der Kreistag berät über die möglichen Investitionen, die damit verwirklicht werden. Sollte der Blitzer eine Mehrheit bekommen, müsste allerdings auch noch ordentlich ausgeschrieben – um theoretisch möglichen anderen Anbietern eine Chance zu geben.

Es könnte also noch eine Weile dauern, bis der Blitzer tatsächlich kommt. Freie Fahrt gilt bis dahin allerdings mitnichten: Der Landkreis will die Geschwindigkeit weiter mit mobilen Messungen, zumindest am Ein- und Ausgang des Tunnels, kontrollieren.

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Erstellt:
30.11.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 45sec
zuletzt aktualisiert: 30.11.2016, 01:00 Uhr

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Karl Ranseier 22.03.201712:55 Uhr

Es wäre wirklich mal interessant zu erfahren, wieso im Tunnel Dußlingen - im Gegensatz zu anderen doppelröhrigen Tunneln in BaWü - wo 100 km/h erlaubt sind - nur 80 km/h erlaubt sind. Waren es politische GRÜN(d)e für die 80er-Beschränkung? Immerhin ist Dußlingen die Fast-Heimat des Landesverkehrs"ministers".

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