Tübingen

Eher nicht

Jörg Beirer schrieb in einem Leserbrief von Tübingen als der „Stadt Hölderlins und Hegels“.

30.11.2021

Von Richard Szydlak, Tübingen

Sehr geehrter Herr Beirer, Tübingen zur Stadt Hölderlins zu machen ist völlig ok. Aber zur Stadt Hegels? Sicherlich hat Hegel fünf Jahre im Stift studiert. Aber das war’s auch schon. Geboren ist er in Stuttgart, Tübingen also Null. Gestorben und beerdigt wurde er in Berlin, Tübingen also Null. Professuren hat er gehabt in Heidelberg und Berlin, Tübingen also Null. Geschrieben und verlegt wurden seine Schriften: die sogenannte „Differenzschrift“ in Jena, die „Phänomenologie“ in Jena und Bamberg, die „Logik“ in Bamberg und Nürnberg, die „Enzyklopädie“ in Heidelberg und die „Rechtsphilosophie“ in Berlin, Tübingen also Null.

Während seines gesamten Lebens hatte er immer private und politisch-revolutionäre Kontakte nach Stuttgart, nach Tübingen nie, Tübingen also Null. Eines haben allerdings die fünf Jahre in Tübingen bewirkt: Seine Liebe zur Theologie wurde ihm in dieser Galeeren- und Kadettenanstalt (O-Ton Hölderlin) gehörig ausgetrieben. Tübingen zur Stadt Hegels zu machen? Ich denke eher nicht.