Tübingen · Ausstellung

„Körperwelten“ 2.0, aber anders: Ausstellung zeigt echte Tote und kranke Organe

Wo sonst Salsa und Tango getanzt wird, kann man am Wochenende plastinierte Leichen anschauen.

10.06.2022

Von uja

„Der menschliche Körper – Lernen von den Toten“ nennt sich die Schau, die von heute an bis zum Sonntag, 12. Juni, in der Tübinger Tanzschule Salsamara zu sehen ist. Gezeigt werden dort echte menschliche Organe und sogar drei komplette Körper, die nach einer Methode plastiniert wurden, die der des Anatomen und Mediziners Gunther von Hagens ähnelt. Insgesamt enthält die Ausstellung laut der Organisatorin Samantha Weber 150 Exponate. Die Wanderausstellung, die zuvor in Herrenberg war, ist täglich von 11 bis 18 Uhr geöffnet.

Weber betont, dass sie sich bei ihrer Schau mehr auf die medizinischen Aspekte konzentriert habe und sich bemüht habe, spektakuläre Inszenierungen der plastinierten Leichen zu vermeiden. Stattdessen könnten die Besucher unter anderem studieren, wie sich eine gesunde Lunge von einer unterscheidet, die von Krebs befallen ist.

Die Schau, versichert Weber, leiste einen „Beitrag zur Weiterbildung in medizinischen Berufen“ und biete die „Gelegenheit, sich ausführlich mit den Themen Organspende, Krebs, HIV, Alkohol und Nikotin auseinanderzusetzen“. Schüler und Beschäftigte in medizinischen Einrichtungen sind deshalb besonders angesprochen.

Bestattungsrechtliche Bedenken

Die Präparate wurden von dem amerikanischen Unternehmen Corcoran Laboratories zur Verfügung gestellt, das auch Universitäten beliefert. Bei Corcoran werden den Leichen, ähnlich wie bei Hagens, die Flüssigkeiten entzogen und durch Kunststoffe ersetzt. So bleibt die Form erhalten, allerdings gehen, anders als bei Hagens, die Farben verloren.

Die ausgestellten Toten hätten zu Lebzeiten ihre Einwilligung gegeben, betont das Unternehmen. Dennoch gibt es auch Städte, die derartige Ausstellungen untersagen, weil sie bestattungsrechtliche Bedenken haben oder den Versicherungen nicht trauen, dass die gezeigten toten Menschen zu Lebzeiten ihre Einwilligung gegeben haben. In Tübingen fand sich laut Weber kein klassischer Ausstellungsort, weshalb die Organisatorin in die Tanzschule auswich.

In den neunziger Jahren hatte der Anatom und Mediziner Gunther von Hagens mit seinen plastinierten und nachträglich eingefärbten Leichen erhebliches Aufsehen erregt. Die spektakuläre Art, wie der Erfinder der Plastination die Leichen inszenierte (auf Pferden oder beim Sex), wurde heftig kritisiert, gleichzeitig aber auch begierig wahrgenommen. Weltweit besuchten angeblich fast 50 Millionen Menschen die Wanderausstellung „Körperwelten“.