Ein wenig schizo sei der Schwabe

Dominik Kuhn alias Dodokay rockte die Rottenburger Festhalle

Mit „Die Welt auf Schwäbisch“ füllte der Dodokay zweimal an diesem Wochenende die Rottenburger Festhalle. Die jeweils 500 Zuschauer folgten dem Meister der kurzen Form begeistert auch über die manchmal sehr gezwungene Langstrecke eines Comedy-Abends.

07.03.2016

Von Fred Keicher

Dominik Kuhn alias Dodokay. Bild: Markus Niethammer

Dominik Kuhn alias Dodokay. Bild: Markus Niethammer

Rottenburg. Der Schwabe, besonders der aus Reutlingen, greift nach der Welt. Der auf die Bühnenleinwand projizierte Tourplan zeigt nach recht extravaganten Auftritten in Freudenstadt, Urbach und Ehingen den doch recht banalen Madison Square Garden in New York. Am Heiligen Abend, an dem doch ein Reutlinger was ganz anderes zu tun hat. Wahrscheinlich ist es nur der Aprilscherz zu Weihnachten.

Aber wer weiß? Der Schwabe, sagt Dodokay, ist ein wenig schizo. Er sagt manchmal ja, wenn er nein meint. Umgekehrt auch. Und manchmal sagt er nichts oder fast nichts. Vor allem Männer: „Fragt einer seinen Freund: Warsch beim Frisör? Antwortet der: Ja.“ Die Rottenburger standen da ziemlich auf der Leitung. Das sei ein Witz, da gehe es ums Ganze, sagte der Komödiant: „Da stirbt entweder der Saal oder da stirbt der Witz.“ Jetzt gab’s Gelächter.

Wo waren die Rottenburger an dem Abend? Auf Dodokays Umfrage gaben sich Leute aus Hechingen, Burladingen, Sondelfingen und Dußlingen zu erkennen. Erst dann bekannte sich auch ein Rottenburger zu seiner Stadt. Ähnlich zögerlich kamen die Antworten auf die Frage nach der Lieblingsfeindstadt. „Tübingen!“, rief einer. Einzelne konnten darüber lachen. „Weiler!“, kam aus einer anderen Ecke. Dodokay brachte Balingen ins Spiel. Das war der Volltreffer.

Vor zehn Jahre hatte Dodokay alias Dominik Kuhn angefangen, Filmschnipsel neu zu synchronisieren – auf Schwäbisch. Zwerchfellerschütternd die Rede Barack Obamas an seine Mitbesitzer wegen der Fahrräder im Hausflur. Damals träumte er von einem Youtube-Kanal. „Aber ich wusste noch nicht was mir diese Filmschnipsel einbringen könnten. Heute weiß ich es: 10 bis 20 Jahre.“ Wegen Urheberrechtsverletzungen. Deshalb mache er heute weniger Synchronisationen, erklärte er den Zuschauern. Zu sehen waren einige aus der Serie des „TV 49 Leimerstetten“, der sein Vereinslokal im Bundestag in Berlin hat und sich mit Weltbewegendem auseinandersetzt wie etwa dem Problem, wohin es beim Vereinsausflug geht.

Auch Darth Vader, der Star-Wars-Held, müsste sich inmitten kosmischer Katastrophen mit Banalitäten wie einem Gartentürle aufhalten. In diesen kurzen Schnipseln leuchtet Dodokays Genie richtig auf. Über lange Strecken trägt es nicht. Dodokay sah das auch selber. Gerne hätte er eine Synchronisation mit dem „Landesvater“ mit dem Kurznamen Kretsche gemacht. Aber das hätte nur geklappt wenn man „Quo vadis“ in der Originalfassung genommen hätte. Sie ist viereinhalb Stunden lang. Dodokay schließt eine Kretschmann-Parodie an. Mit allen Sprechpausen: „Mi-nister-prä-si-dent.“ Das Publikum schmiss sich weg vor Begeisterung.

Der guten Laune im Saal tat es auch null Abbruch, dass das Schwabenbild, das Dodokay malte, nicht sympathisch war. Das Männerbild folgte ganz dem Lob des ein wenig völkischen Dichters August Lämmle aus Kusterdingen, der über den Schwaben sagt: „Die Grobheit ist sein Genie.“ Frauen werden durchweg als keifende hysterische Zicken dargestellt. Immerhin fällt bei der Schilderung der typisch schwäbischen Hausfrauenkleidung auch mal als Bezeichnung eines Farbtons das Wort vom „rentnerbeigeaggressiv“. Der bekennende Kalauerfreund kann aus einem Satz wie „I han de arsch gar net kennt“ recht viel machen. Zur Erklärung für Hochdeutsche: Was hier wie eine Bezeichnung des menschlichen Hinterteils aussieht, ist tatsächlich in manchen Gegenden im Ländle die Aussprache von „zuerst“. „Grillen“, „Leberkäsweckle“ und „Aleas Klettverschluss“ ziehen sich mit gewaltigen Lachsalven durch den Abend. Und das kleine „Häh?“ bekommt göttliche Weihen. Dodokay erzählte nämlich, wie er neulich auf dem Esbella-Parkplatz Gott getroffen hat. Er habe sich beim Schöpfer für alles entschuldigt, was die Menschen der Welt angetan hatten. Das ist eine ganze Menge. Und was macht Gott: Er kneift die Augen zusammen und sagt „Häh?“ Trotz größter Begeisterung des Publikums konnte das nicht das Ende sein. Als Zugabe kam der Klassiker: Obamas Aufforderung an die Miteigentümer, „dass man die Göbbel im Hausflur doch mal aufräumen kennt“.