Siemens

Digitalisierung gibt Hoffnung

Der Betriebsrat stellte gestern der Belegschaft ein Rettungskonzept vor.

22.06.2017

Von Sabine Lohr

Der Betriebsrat des Siemens-Werks in Kilchberg hat gestern in einer Betriebsversammlung ein Konzept vorgelegt, mit dem wenigstens ein Teil der bedrohten 337 Arbeitsplätze erhalten werden soll. Wie berichtet, plant die Geschäftsleitung, die Montage der in Kilchberg gefertigten Getriebemotoren nach Tschechien zu verlagern.

Laut Tanja Silvana Grzesch von der IG Metall haben Betriebsrat und Berater der Gewerkschaft nun ein Konzept mit Verbesserungsvorschlägen erarbeitet. „Wir glauben, dass mit einer starken Digitalisierung hier am Standort wenigstens ein Null-, wenn nicht sogar ein Plus-Ergebnis erwirtschaftet werden kann, ohne dass Arbeitsplätze dafür verlegt werden müssen“, sagte der Betriebsratsvorsitzende Ismayil Arslan gegenüber dem TAGBLATT.

Die Geschäftsleitung sei bei ihren Wirtschaftlichkeitsberechnungen von falschen Zahlen ausgegangen, etwa was die Lohnhöhe in Tschechien betreffe.

Ziel der anstehenden Verhandlungen mit der Geschäftsleitung sei es nun, so Arslan, alle Produkte am Standort in Kilchberg zu erhalten. Wesentliche Schritte könnten aber durch Digitalisierung wirtschaftlicher produziert werden. „Das heißt aber auch, dass durchaus Arbeitsplätze vernichtet werden – nur nicht so viele“, sagte Arslan. In der Vergangenheit habe der Betriebsrat schon mehrere Vorschläge gemacht, die von der Geschäftsleitung aber ignoriert worden seien. Nun sei es gelungen, den Arbeitgeber davon zu überzeugen, dass mit einem neuen Konzept die Montage in Kilchberg bleiben könne.

Arslan glaubt zwar nicht, dass das gesamte Rettungs-Konzept des Betriebsrats übernommen wird, aber es habe nun von der Arbeitgeberseite Signale gegeben, „dass man einiges tun kann“.

Die Stimmung im Kilchberger Betrieb ist laut Arslan „gespannt“. „Wir können kein Abschluss-Ergebnis präsentieren, was schade ist, aber wir versuchen, eine Lösung hinzubekommen.“ Wann die Verhandlungen über das Konzept aufgenommen werden, ist laut Arslan noch offen.

Moralische Unterstützung durch Palmer

Nachdem sich Anfang Mai Ismayil Arslan über die fehlende Unterstützung von Stadt und Kreis beklagt hatte, begründete Oberbürgermeister Boris Palmer das damit, dass die Stadt keinen Einfluss habe, es sich um eine rein privatwirtschaftliche Entscheidung handle und eine Forderung der Stadt, die Arbeitsplätze zu erhalten, „wohlfeil“ sei.

Der Siemens-Betriebsrat ist inzwischen bei Palmer gewesen, wie Arslan berichtet. „Er hat zugegeben, dass er die Sache falsch eingeschätzt hat und versprochen, den Betriebsrat künftig moralisch zu unterstützen.“ Arslan begrüßt dieses Versprechen, bedauert aber, dass Palmer „uns nicht schon am 1. Mai unterstützt hat“.

Der Tübinger Gemeinderat hat in einer Resolution die Siemens-Verantwortlichen aufgefordert, „alles zu tun, um die Produktion am Standort zu erhalten“.