Orchester-Jubiläum

Württembergische Philharmonie: Diesen Kuss der ganzen Welt

Die Württembergische Philharmonie feiert 75. Geburtstag auch mit einer Uraufführung.

10.01.2020

Von Otto Paul Burkhardt

Reutlingen. Die vielbeschworene Trendwende, nach der klassische Konzerte wieder neue Rekorde schreiben – gibt es sie wirklich? Manches spricht dafür. Nehmen wir die Württembergische Philharmonie Reutlingen. Das Orchester mit 68 Planstellen der Tarifgruppe B spielt in seinem Domizil, der 2013 eröffneten Stadthalle des Architekten Max Dudler, meist vor ausverkauftem Haus. Jetzt feiert das Orchester, gegründet 1945 im Geist des wiedererlangten Friedens nach Jahren der Barbarei, seinen 75. Geburtstag. Mit großem Festakt am Sonntag, ganz unbescheiden mit Beethovens Neunter, aber auch risikofreudig mit einer Uraufführung.

Eigens zum Jubiläum hat der syrisch-amerikanische „Composer in residence“ Kareem Roustom ein Oratorium geschrieben: „Ice, Wind, War & Spring“. Es vertont Texte von Rilke bis Walt Whitman und versucht, den menschheitsumarmenden Jubel bei Beethoven („diesen Kuss der ganzen Welt“) durch intimere, persönlichere Töne zu ergänzen.

Blättern wir in der Geschichte: Das „Schwäbische Symphonie-Orchester“, so der ursprüngliche Name, taufte sich 1983 um in „Württembergische Philharmonie Reutlingen“. Das Landesorchester erspielte sich bald europaweites Renommee. Stationen waren das Gastspiel 1994 im Concertgebouw Amsterdam, dann „Carmen“ 1995 in der Ahoy-Arena Rotterdam an sieben Abenden vor 42.000 Besuchern. Es folgten 2006 eine Japan-Tournee und das Debüt im Goldenen Saal des Wiener Musikvereins, in dem man bis heute sechs Mal gastierte, zuletzt im Oktober mit Chefdirigent Fawzi Haimor.

Konzerte mit Stars

Nicht zu vergessen: Auftritte mit Stars wie José Carreras, Jonas Kaufmann und Lang Lang, aber auch denkwürdige Konzerte mit Fazil Say 2013, dem damals in der Türkei der Prozess gemacht wurde – er wird Ende 2020 dem Orchester ebenfalls eine Uraufführung widmen. Einen Topstar hatte die Philharmonie sogar in den eigenen Reihen: Siegfried Jerusalem diente bis 1971 als Fagottist in Reutlingen, stieg dann auf Gesang um und machte als Heldentenor der 80er Weltkarriere in Bayreuth und an der Met.

Das Orchester engagiert sich auch im sozialen Leben der Stadt. So erhielt es für ein Projekt mit Behinderten 2009 den Bundespreis für kulturelle Bildung und rief 2017 mit Geflüchteten die Revue „Fugato“ ins Leben. In der Reihe „Kaleidoskop“ sucht das Orchester Nahtstellen zu Pop, Jazz, Ethno und HipHop. Erst kürzlich gewann es für Live-Stream-Aktionen mit Jugendlichen im ländlichen Raum den Preis „Innovatives Orchester 2019“.

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Erstellt:
10.01.2020, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 09sec
zuletzt aktualisiert: 10.01.2020, 06:00 Uhr

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