Walddorfhäslach

Diego aus dem Ländle: Guido Buchwald wird 60

Am heutigen Sonntag feiert Guido Buchwald seinen 60. Geburtstag. Feiern kann er nur im Fernsehen, zurückblicken aber auf eine große Karriere.

24.01.2021

Von ST

Diego gegen Diego: Im WM-Finale von Rom ließ Guido Buchwald (rechts) den argentinischen Ausnahmekicker Diego Maradona nicht aus den Augen. Archivbild: Ulmer/Werek

Diego gegen Diego: Im WM-Finale von Rom ließ Guido Buchwald (rechts) den argentinischen Ausnahmekicker Diego Maradona nicht aus den Augen. Archivbild: Ulmer/Werek

„Für mich ist dieser Geburtstag wirklich kein großes Ereignis“, sagte Guido Buchwald vor zehn Jahren. Damals, als er 50 Jahre alt wurde und dem Deutschen Fußball-Bund für dessen Homepage ein Interview gab. Er werde mit seiner Familie essen gehen, sagte der Weltmeister von 1990 seinerzeit. „Den 60. Geburtstag feiern wir dann wieder größer.“ Dieser 60. Geburtstag ist jetzt gekommen. Und noch nicht mal essen gehen kann der Walddorfhäslacher heute mit seiner Familie. Die Corona-Pandemie verhindert jegliche Feier.

Gefeiert hat Buchwald in früheren Jahren einige nennenswerte Titel auf dem Platz. Allen voran die Weltmeisterschaft 1990. Legendär sein Auftritt im Finale von Rom, als er den im November verstorbenen Diego Maradona ausschaltete und im Laufe des Turniers selbst den ehrenvollen Spitznamen „Diego“ erhielt. Beide hatten sich letztmals bei der WM 2002 in Japan getroffen, erzählte Buchwald dem TAGBLATT. „Wir kannten uns eigentlich nur vom Platz.“

Das WM-Finale vor 73.600 Zuschauern in Rom entschied Deutschland bekanntlich in der 85. Minute für sich, als Andreas Brehme vom Elfmeterpunkt den goldenen Treffer erzielte. Auch daran hatte Buchwald seinen Anteil, wie er mal verriet: „Ich habe ihm gesagt, er soll nach links schießen, weil der Torwart bis dahin alle rechts geschossenen gehalten hatte.“ Brehme traf – links unten. Teamchef Franz Beckenbauer wurde später um eine Leistungsbewertung seiner Spieler gebeten und setzte Buchwald, „wenn man alle sieben Spiele betrachtet, an die erste Stelle“.

Buchwald kickte zuvor schon bei den Olympischen Spielen in Los Angeles 1984 mit dem Adler auf der Brust, schied aber im Viertelfinale gegen Jugoslawien aus. „Ein außergewöhnliches Erlebnis für einen jungen Spieler wie mich“, blickte er für das Fachmagazin Kicker nun zurück. Buchwald stand auch im EM-Finale 1992 auf dem Platz, als die deutsche Mannschaft in Göteburg mit 0:2 gegen den Sensationssieger Dänemark unterlag. Buchwald war auch bei den Europameisterschaften 1984 (Vorrundenaus) und 1988 (Halbfinale) dabei.

Zu den größten Enttäuschungen der Laufbahn zählt das Rückspiel des UEFA-Cup-Finals 1989, als Buchwald gelbgesperrt war und Maradona mit Neapel gegen den VfB siegte: „Wenn es damals den Videobeweis schon gegeben hätte, wäre ich freigesprochen worden.“ Dem VfB reichte das 3:3 im Rückspiel nach der Hinspiel-Niederlage nicht. Dabei zuschauen zu müssen, nennt Buchwald einen „der schlimmsten Momente meiner Laufbahn“. Ebenso wie die WM 1986, für die er von Trainer Beckenbauer nicht berücksichtigt wurde, weil dieser da noch auf den Bayern-Block gesetzt hatte.

Erfolge feierte der in der Jugend des SV Wannweil ausgebildete Defensivspezialist dennoch: Vor allem mit den beiden deutschen Meisterschaften des VfB Stuttgart (1984 und 1992). Letztere hatte er mit einem Kopfballtreffer gegen Bayer Leverkusen erst perfekt gemacht. „Ich zockte und beorderte Buchwald in den Sturm“, schrieb der damalige Meistertrainer Christoph Daum in seiner jüngst erschienenen Biographie. „Der WM-Titel war natürlich die Krönung meiner Karriere“, sagte Buchwald dem Kicker. „Aber ich glaube, zweimal Deutscher Meister zu werden, und das nicht im Trikot des FC Bayern, ist auch eine Leistung.“

Da ist die Schale: Guido Buchwald (links) feiert die Meisterschaft mit Torhüter Eike Immel. Archivbild: Ulmer/Werek

Da ist die Schale: Guido Buchwald (links) feiert die Meisterschaft mit Torhüter Eike Immel. Archivbild: Ulmer/Werek

Der VfB beschäftigt ihn heute noch, es ist sein Herzensklub, der seinem Ehrenspielerführer zum 60er auch gratulierte. Zwar ist der Jubilar nicht mehr in offizieller Funktion tätig, doch fast immer, wenn es turbulent zugeht in Bad Cannstatt, ist in der Öffentlichkeit auch Buchwalds Meinung gefragt. So beispielsweise zuletzt im Machtkampf zwischen Vorstandsboss Thomas Hitzlsperger und Präsident Claus Vogt. Buchwald kritisierte Hitzlspergers Attacke auf den Präsidenten: „So ein Angriff geht gegen jeden Ehrenkodex, den sich der VfB nach außen hin auferlegt.“

Doch nicht nur in Bad Cannstatt und auch den Kickers in Degerloch hat Buchwald Spuren hinterlassen, vor allem auch in Japan. Bei den Urawa Red Diamonds war er Mitte der 90er mehrere Jahre als Spieler tätig und kehrte später als Trainer zurück. Er reise heute noch gerne dorthin, um Freunde zu treffen, sagt Buchwald, der die Japaner „Schwaben aus Fernost“ nennt. Buchwald ist als Markenbotschafter der japanischen J-League tätig.

Seinen 60. Geburtstag kann Buchwald in gewisser Weise übrigens doch feiern. Er ist am Abend (21.45 Uhr) zu Gast beim SWR-Fernsehen. Auch Martin Braun, Trainer des Regionalligisten TSG Balingen, ist eingeladen. Thema wird dann die Bundesliga-Partie zwischen dem SC Freiburg und dem VfB (2:1) vom Samstag sein. Und ganz sicher auch Buchwalds Ehrentag.

Guido Buchwald in seiner Tennishalle in Kichentelllinsfurt. Archivbild: Manfred Grohe

Guido Buchwald in seiner Tennishalle in Kichentelllinsfurt. Archivbild: Manfred Grohe

Info Weitere Bewegtbilder aus Buchwalds Karriere hat die ARD-Sportschau in ihrem Clip „Maradona aus dem Schwabenland“ anlässlich des 60. Geburtstags zusammengestellt.

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Erstellt:
24.01.2021, 09:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 17sec
zuletzt aktualisiert: 24.01.2021, 09:00 Uhr

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