Erst grün – dann schwarz

Die miesen Umfragewerte und Regierungsprognosen von Christdemokraten

Die neueste Antwort auf die Sonntagsfrage sieht für Baden-Württemberg auf den beiden Spitzenplätzen derzeit so aus: 30,5 Prozent würden grün und 30 Prozent CDU wählen. Nur die zweitgrößte der Parteien zu sein, wie schluckt man das in der CDU? Unsere Umfrage unter den Landtagskandidaten und Funktionären der Union ergab, sie mussten gehörig schlucken.

24.02.2016

Von Von unseren Redaktionen

Kreise Tübingen/Reutlingen. Ein „sehr bescheidener“ Umfragewert, das ist für den Tübinger CDU-Landtagskandidaten Klaus Tappeser keine Frage. Doch noch sei nicht aller Wahltage Abend. „Wir bekommen gute Rückmeldungen im Wahlkampf“, so seine Beobachtung, mit der er sich Mut macht. Zuversichtlich stimmt ihn auch ein Schock, der den Christdemokraten im Land vor fünf Jahren verabreicht wurde und der zeigt, dass Politik immer offen für Überraschungen ist: „Niemand hätte damals gedacht, dass Winfried Kretschmann Ministerpräsident wird.“

Die schlechten CDU-Umfragewerte können nicht das Ergebnis von Guido Wolfs aktueller Abgrenzungsstrategie gegenüber Angela Merkel sein, da ist sich Tappeser sicher. Eine grün-schwarze Koalition würde den ehemaligen Rottenburger Oberbürgermeister und einstigen Ministerialdirektor im Wissenschaftsministerium nicht schrecken: „Ich habe schon als OB mit Grünen zusammengearbeitet, es sind auch sehr vernünftige Leute darunter.“ Ob er sich selber Chancen auf ein Regierungsamt ausrechnet? Sein Ziel, so Tappeser knapp, sei ein Abgeordnetenposten.

43 Prozent der Wähler noch unentschieden

Der stetige Sinkflug der baden-württembergischen CDU war gestern auch Thema in der Sitzung der Bundestagsfraktion. Dies berichtet der Reutlinger Abgeordnete Michael Donth. Er persönlich setzt darauf, dass 43 Prozent der Wahlberechtigten noch unentschieden sind. Panik oder Schnellschüsse seien nicht angebracht, betont er – will damit aber ausdrücklich nicht den Spitzenkandidaten Guido Wolf kritisieren. „Wer sich schon entschieden hat, den stimmen wir damit auch nicht mehr um.“

Donth macht zwei große Problembereiche auf: Zum einen sei zu wenig bekannt, was sich in der Politik schon getan habe – „heute etwa fährt die Nato in die Ägäis ein, um Schleuser zu bekämpfen“. Zum anderen würden die Christdemokraten mit den fürs Land entscheidenden Themen derzeit einfach nicht durchdringen.

Das sieht der Reutlinger CDU-Landtagsabgeordnete Dieter Hillebrand ganz ähnlich. Allerdings vermisst er ein deutliches Signal aus Berlin: „Da bekommen wir keine Rückendeckung.“ Auch bei den Gesprächen an seinen Infoständen drehe sich alles nur noch um die Flüchtlingspolitik. Viele ältere Leute, die jahrzehntelang die CDU gewählt hätten, stimmten nun für die AfD – mit der Begründung: „Die Merkel muss weg.“ Dass das nichts mit der Landtagswahl zu tun habe, sei ihnen egal: „Da wird nicht differenziert.“ Dass die Grünen etwas zulegen, sei zu erwarten gewesen, das liege am „Übervater Kretschmann“, aber „dass wir so nahe beieinander liegen, das schockiert einen schon“.

Die Karten werden am 13. März gemischt

Dazu, dass sich mit Guido Wolf einige der Christdemokraten momentan an einem zu sanften Ton zwischen Merkel und Kretschmann stören, möchte sich der ehemalige Regierungspräsident Hubert Wicker nicht äußern. Auch zu den 30 Prozent will er lieber schweigen: In seinem „Hauptjob als Landtagsdirektor“ habe er neutral zu sein. Immerhin: „Das ist überraschend“, lässt sich Wicker bezüglich der aktuellen Umfragewerte dann doch entlocken. Über mögliche Koalitionsmodelle möchte der frühere Tübinger CDU-Stadtrat ebenfalls nicht spekulieren. „Ich nehme an, die Karten werden am Abend des 13. März gemischt.“

Von den Grünen abgehängt – damit lebt die CDU im Ammerbucher Gemeinderat schon seit 2009. Damals bekam die GAL sogar einen Sitz mehr als die Christdemokraten. Seit 2014 haben beide Fraktionen wieder sechs Vertreter im Rat, obwohl die GAL rund 2500 Stimmen mehr bekam. Während es früher vor allem um die Gemeinschaftsschule am Ort viel Zoff gab, sind sich die politischen Kontrahenten heute weitgehend einig. „Im Gemeinderat sind die GAL und wir gar nicht mehr so weit auseinander“, sagt der CDU-Fraktionssprecher Karl Haischt. „Auf Landesebene werden andere Themen beackert“, so der Landwirt. „Vor allem in der Asylpolitik gehen die Meinungen auseinander.“ Sich im Land den Grünen als kleinerer Regierungspartner unterzuordnen, kann er sich deshalb nicht vorstellen. Da wäre Haischt „Schwarz-Rot-Gelb“ lieber.

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Erstellt:
24.02.2016, 01:30 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 53sec
zuletzt aktualisiert: 24.02.2016, 01:30 Uhr

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