LEBENS-WERT

Die kommt von hier!

Fast jeder Wanderer kann sich noch an seine erste Begegnung mit dem geschwungenen Sitzmöbel erinnern. Der Wunsch, sofort Platz zu nehmen. Das Gefühl, am liebsten einfach nur sitzenzubleiben. Oder die Enttäuschung, wenn die Liege schon besetzt ist. Und die meisten haben sich schon die Frage gestellt: Wo kommt die denn her?

03.06.2022

Von TEXT: Birgit Pflock-Rutten|FOTO: Unternehmen

Unter dem Label Albkult produziert und verkauft die Stiftung Lebenshilfe Zollernalb die Albliege.

Unter dem Label Albkult produziert und verkauft die Stiftung Lebenshilfe Zollernalb die Albliege.

Die Zollernalb ist ein wahres Wander-Paradies. Als es vor ein paar Jahren im Rahmen der Tourismusförderung darum ging, den Hohenzollernweg zu möblieren, entdeckte das Team der regionalen Tourist-Info bei einer Messe die Outdoorliegen mit der geschwungenen Form. Allerdings lag es dem Landrat und den Verantwortlichen der Wirtschaftsförderungsgesellschaft für den Zollernalbkreis am Herzen, einen lokalen Produzenten zu beauftragen, um die regionale Wertschöpfung zu fördern. Sie fragten bei der Stiftung Lebenshilfe Zollernalb an, ob die Liege in ihren Werkstätten produziert werden könnte. „Das kriegen wir hin!“, war die klare Reaktion von Holger Klein, dem Vorstandsvorsitzenden der Stiftung. 2013 wurden die ersten Albliegen gefertigt und ausgeliefert. Und es blieb nicht bei der Ausstattung des Hohenzollernweges. Die Albliege fand umgehend den Weg in das Produktprogramm der Lebenshilfe.

Kompetenz in fast allen Bereichen

In den Werkstätten und Betrieben der Stiftung Lebenshilfe Zollernalb arbeiten über 800 Menschen, davon 600 mit Handicap. „Wir sehen es als unsere Hauptaufgabe, gute Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung zu schaffen“, betont Holger Klein. „Dazu gehört es auch, den unterschiedlichen Neigungen gerecht zu werden.“ In den Werkstätten gibt es daher Arbeitsplätze in den unterschiedlichsten Branchen: Metallverarbeitung, Elektronik, Schreinerei, Kfz-Bereich, Gärtnerei, Lebensmittelbereich – um nur einige zu nennen. Entsprechend vielseitig ist daher das Spektrum der Auftraggeber, es umfasst Großunternehmen, kleine und mittelständische Unternehmen ebenso wie öffentliche Verwaltungen, aber auch Endverbraucher.

Produkte aus Ideen und Impulsen

Unter dem Label Albkult produziert und verkauft die Stiftung Lebenshilfe originelle Produktideen für Haus, Garten und Genuss. Die Produktentwicklung und der Showroom mit Werksverkauf befinden sich in Albstadt-Lautlingen.

Die Erfolgsstory der Kult-Schmiede begann zunächst mit einem Vordach. Ein ehrenamtlich engagierter Rentner hatte es sich zum Ziel gesetzt, Arbeit für Menschen mit Behinderung zu schaffen. Sein Vorschlag: ein Vordach zu konstruieren und zu vertreiben. Seit 2004 entwickelte sich aus dem Prototyp ein Erfolgsmodell. Tausende der Design-Vordächer aus der Lebenshilfe-Produktion schützen inzwischen Hauseingänge vor dem Regen.

Mit der „Genussrösterei“ kam die zweite Produktschiene hinzu. Seit 2009 betreibt die Lebenshilfe in Albstadt-Ebingen das Kaffeewerk Zollernalb, wo in der traditionellen Trommelröstung hochwertige Kaffeesorten aus aller Welt geröstet werden.

Kultiges zwischen Vordach und Kaffee

Um die Lücke zwischen Vordach und Kaffee zu schließen und Produkte zu entwickeln, die das Leben genussvoller machen, stellte die Lebenshilfe 2012 mit David Schmid einen kreativen Schreiner für die Entwicklung von Eigenprodukten ein, der viel Erfahrung im hochwertigen Möbelinnenausbau mitbrachte. Die Ideen sprudelten, inzwischen ist der Albkult-Showroom in Lautlingen voll mit kultigen Produkten: das Schwaben-Notfallpaket beispielsweise, Feuerkörbe in allen Größen, die Brühmarie oder das Spätzlebrett mit Schaber. Produkte, an denen Menschen Freude haben – für sich selber oder als originelles Geschenk.

Der Star im Showroom aber ist die Albliege: Sie steht hier als Ein- oder Zweisitzer, fest einbaubar oder mit Rollen, mit abgerundeten Ecken und sogar –dank einer Kooperation mit der damaligen Rizzi-Ausstellung in Balingen – mit bunten Pop-Art-Motiven. Auch wenn die
Albliege keine Neuerfindung ist, unterscheidet sie sich von ähnlichen Outdoorliegen in ihrer Kurvenform und Konstruktion. Das absolute Erkennungsmerkmal ist der Flaschenöffner mit dem Albkult-Logo an der Rückseite der Liege.

Hochwertige Produktion mit gesellschaftlichem Mehrwert

Die Albliege wird aus unbehandeltem, witterungsfesten Douglasienholz aus dem Schwarzwald gefertigt. In den Werkstätten in Balingen und Bisingen schweißen Menschen mit und ohne Behinderung die feuerverzinkten Stahlunterkonstruktionen, hobeln und fasen die Holzlatten und montieren sie anschließend zur fertigen Albliege. Bis zur Auslieferung werden die Relaxmöbel dann in Lautlingen eingelagert. Rund 200 Exemplare pro Jahr finden den Weg an einen reizvollen Standort. Teils werden wie beim Hohenzollernweg ganze Premiumwanderwege ausgestattet, man entdeckt sie entlang der Traufgänge, auf dem Zeitreiseweg in Rottweil oder dem Schaukelweg Hechingen. Viele Bürgermeister kaufen die Albliege für ihre Gemeinden oder auch als beliebtes Geschenk für ihre Partnerstädte. Privatkunden freuen sich über das ebenso bequeme wie originelle Outdoormöbel in ihrem Garten. Wo auch immer: Die Albliege hat einen richtigen Kultstatus erlangt.

Was aber mindestens genauso wichtig ist: Die Mitarbeiter, die das Outdoormöbel produzieren, sind gehörig stolz auf das, was sie schaffen und vertreiben.

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Erstellt:
03.06.2022, 09:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 06sec
zuletzt aktualisiert: 03.06.2022, 09:00 Uhr

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