„Tatort“

Die Tatwaffe aus der Spülmaschine

Durch den bei hochsommerlichen Temperaturen gedrehten neuen Nürnberger „Tatort“ über den Mord an einer Maklerin weht ein?eiskaltes Lüftchen.

28.02.2020

Von Martin Weber

Die Kriminalhauptkommissare Felix Voss (Fabian Hinrichs) und Paula Ringelhahn (Dagmar Manzel) inspizieren das Opfer, das in einem Leichensack liegt. Im Hintergrund ein Komparse. Foto: Hendrik Heiden/BR

Die Kriminalhauptkommissare Felix Voss (Fabian Hinrichs) und Paula Ringelhahn (Dagmar Manzel) inspizieren das Opfer, das in einem Leichensack liegt. Im Hintergrund ein Komparse. Foto: Hendrik Heiden/BR

Per Klick zur Beziehung: Millionen Deutsche nutzen auf der Suche nach der großen Liebe oder der nächsten Affäre Dating-Portale im Internet. Auch die attraktive Immobilienmaklerin Babs Sprenger (Anna Tenta) zählt im neuen „Tatort“ aus Nürnberg zu den vielen Singles, die im Netz ihre Netze auswerfen, doch dann wird die bei Vorgesetzten und Kollegen beliebte Geschäftsfrau ermordet.

Die Kommissare Paula Ringelhahn (Dagmar Manzel) und Felix Voss (Fabian Hinrichs) machen sich an die Arbeit und durchleuchten das überschaubare soziale Umfeld von Babs Sprenger, die in ihrer luxuriösen und blitzblanken Altbau-Wohnung brutal erstochen wurde. Kurios: Das teure Sushi-Messer, mit dem die Tat begangen wurde, findet die Spurensicherung frisch gereinigt in der Spülmaschine.

Die Kommissare tappen im Dunkeln, doch dann gesteht Theresa Hein (Anja Schneider) im Krimi „Tatort: Die Nacht gehört dir“ (1. März, 20.15 Uhr, ARD) den Mord. Die mutmaßliche Täterin scheint also überführt zu sein in dem mit vielen Rückblenden und phantasievollen Kameraeinstellungen erzählten Krimi des Regisseurs Max Färberböck. Doch die zum Ärger von Ringelhahn ständig lächelnde Hauptverdächtige verbirgt offenkundig etwas, und tatsächlich liegt die Wahrheit in diesem bis zum Schluss rätselhaften Krimi tiefer als anfänglich gedacht.

Zwar ist dieser „Tatort“ aus Nürnberg im vergangenen Hochsommer bei Temperaturen um die 35?Grad gedreht worden, doch durch die komplexe Geschichte weht ein eiskaltes Lüftchen: Es geht um nackten Egoismus, trostlose Bindungsunfähigkeit und daraus resultierende Einsamkeit.

Wie die Kommissare herausfinden, hat die Ermordete bei ihrer Partnersuche im Internet schnelle Affären ohne jegliche Verpflichtungen bevorzugt, was den sofortigen Abbruch einer Beziehung mit einschloss. Ist die schöne Maklerin an den Falschen geraten und wenn ja, was hat ihre Kollegin Hein damit zu tun, die den Mord schließlich gestanden hat und ihn mit dem rätselhaften Satz „Ich hatte genug von ihr“ begründet?

Bizarre Liebe

Die Frage nach dem Warum ist in diesem nachdenklichen „Tatort“ wichtiger als die Frage nach dem Wer, und die beiden Kommissare und ihr im Vergleich mit anderen Sonntagskrimis großes Team von der Nürnberger Mordkommission müssen sich bei der Aufklärung des Falles auch auf die teilweise bizarren Vorstellungen von Liebe und Partnerschaft einlassen, die so manchen Nutzer von einschlägigen Dating-Portalen antreiben.

Das stört den schlaksigen Voss weniger als seine spröde Kollegin Ringelhahn, denn der aus dem hohen Norden stammende Ermittler hat gerade selber was am Laufen: Er knüpft in diesem stillen, aber keineswegs lahmen „Tatort“ voll untergründiger Spannung ganz klassisch zarte Bande zu einer Honigverkäuferin vom Nürnberger Wochenmarkt und freut sich auf den ersten gemeinsamen Kinobesuch.

Foto: Grafik: Bock

Foto: Grafik: Bock

Zum Artikel

Erstellt:
28.02.2020, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 18sec
zuletzt aktualisiert: 28.02.2020, 06:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Sie möchten diesen Inhalt nutzen? Bitte beachten Sie unsere Hinweise zur Lizenzierung.

Push aufs Handy

Die wichtigsten Nachrichten direkt aufs Smartphone: Installieren Sie die Tagblatt-App für iOS oder für Android und erhalten Sie Push-Meldungen über die wichtigsten Ereignisse und interessantesten Themen aus der Region Tübingen.

Newsletter


In Ihrem Benutzerprofil können Sie Ihre abonnierten Newsletter verwalten. Dazu müssen Sie jedoch registriert und angemeldet sein. Für alle Tagblatt-Newsletter können Sie sich aber bei tagblatt.de/newsletter auch ohne Registrierung anmelden.
Das Tagblatt in den Sozialen Netzen
    
Faceboook      Instagram      Twitter      Facebook Sport
Newsletter Recht und Unrecht
Sie interessieren sich für Berichte aus den Gerichten, für die Arbeit der Ermittler und dafür, was erlaubt und was verboten ist? Dann abonnieren Sie gratis unseren Newsletter Recht und Unrecht!