Die Suche nach dem Glück

„Unsere größte Herausforderung ist die Achtung vor dem Individuum und vor der Suche jedes Einzelnen nach dem Glück“, sagt der Regisseur Iván Porras Meléndez. Sein Heimatland Costa Rica gilt in vielen Bereichen als vorbildhaftes Beispiel in Lateinamerika: Es hat eine stabile Demokratie und legt großen Wert auf Naturschutz. Außerdem sollen laut Umfragen die Menschen in Costa Rica zu den glücklichsten weltweit zählen. Dennoch hat dieses Land mit einem Rechtsruck und steigender Arbeitslosigkeit zu kämpfen. Beim CineLatino bildet Costa Rica den diesjährigen Schwerpunkt.

Der 35-Jährige Filmemacher stellt heute Abend sein Spielfilmdebüt „El baile de la Gacela“ vor. Das Festival hat noch vier weitere Filme aus Costa Rica im Programm – alle von Regisseurinnen. „Für Frauen ist es auch eine besondere Herausforderung“, sagt Porras. In Costa Rica regiere „typischerweise“ der Machismo, „und der bezieht sich nicht nur auf das Kino, sondern auf alle Bereiche“. Sind die Rollenbilder demnach sehr traditionell geprägt und eingefahren? „Costa Rica ist im Moment in einem Zustand der Anspannung“, sagt der Filmemacher, „auf der einen Seite gibt es die Gesellschaft, die versucht, tolerant zu sein, auf der anderen Seite gibt es sehr konservative und katholisch geprägte Ansichten.“

Doch auch politisch gebe es Spannungen. So gebe es zwar tatsächliche eine Tradition demokratischer Wahlen, und das Land habe viele Gesundheits- und Bildungsprogramme auf den Weg gebracht. Doch die wirtschaftliche Ungleichheit sei gestiegen, außerdem hätten die Regierungen die sozialen Instanzen nicht gut weiterentwickelt und Bereiche wie Gesundheitsfürsorge und Wohlfahrt vernachlässigt.

„Wir sind eines der letzten Länder Lateinamerikas, das kein Gesetz für die Filmförderung geschaffen hat“, kritisiert der 35-Jährige. „Dadurch sind wir natürlich im Nachteil.“ Zwar gebe es einen „kleinen Fonds“, den das Land für die Filmförderung zur Verfügung stellt. Dieser drohe jedoch bei einem Regierungswechsel gestrichen zu werden.

Porras war bereits mit seinen Kurzfilmen international präsent. Und manche seiner Kolleginnen und Kollegen waren beispielsweise bei Filmfestspielen in Rotterdam und Berlin erfolgreich. Der große Erfolg dieser Filme aus Costa Rica bilde sich jedoch nicht in der realen Unterstützung durch die Regierung ab. „Dafür braucht es eine Gesetzgebung.“

Im Film geht es oft um die Suche nach dem Glück. Die Menschen in Costa Rica gelten bei dieser Suche als besonders erfolgreich. Kennt Porras das Geheimnis des Glücks in Costa Rica? „Die Fähigkeit, in schwierigen Zeiten zu tanzen und der Traurigkeit eine positive Haltung entgegenzustellen.“ Er fügt jedoch hinzu: „Wir sind ein glückliches Volk, aber vielleicht nicht das glücklichste der Welt.“ Dafür gebe es noch „zu viele Herausforderungen, die wir in der Gesellschaft überwinden müssen“.Madeleine Wegner

Iván Porras Meléndez stellt seinen Film „El baile de la Gacela“ heute Abend in Tübingen und morgen in Reutlingen vor. Siehe auch Filmkritik oben. Dolmetscherin beim Interview: Irene Jung..