Karlsruher Urteil zum Numerus Clausus
Die Studienplatzvergabe für Medizin ist ungerecht
Das Bundesverfassungsgericht kritisiert die notenunabhängigen Auswahlkriterien. Vertreter der Ärzteschaft begrüßen das Urteil.
Die Auswahl von Medizinstudenten verstößt nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in einzelnen Punkten gegen das Grundgesetz. Die Vorschriften verletzten den Anspruch auf gleiche Teilhabe am Studienangebot, heißt es in dem Urteil. Bund und Länder müssen bis Ende 2019 die Auswahlkriterien neben der Abiturnote neu regeln.
Dem Urteil zufolge müssen Eignungsgespräche an Universitäten bundesweit in „standardisierter und strukturierte Form“ stattfinden, um die Chancengleichheit der Studierenden zu wahren. Aktuell gibt es im Fach Humanmedizin 62 000 Bewerber für knapp 11 000 Studienplätze. Deshalb gilt ein sogenannter Numerus Clausus: 20 Prozent der Studienplätze werden zentral über die Abiturnote vergeben, 20 Prozent über Wartezeiten und 60 Prozent über unterschiedliche Kriterien der jeweiligen Hochschulen.
Es sei „das richtige Signal zur richtigen Zeit“, sagte der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, zum Urteil. Bei der überfälligen Reform des Medizinstudiums müsse nun Tempo gemacht werden. „Bund und Länder sollten das Urteil zum Anlass nehmen, die Studienzulassung gerechter zu gestalten und besser auf die Erfordernisse einer Gesellschaft im Wandel auszurichten.“ Das Urteil beinhalte „aber auch eine heftige Ohrfeige für eine kleinstaatliche Bildungspolitik, die es nicht schafft, das Abitur bundesweit chancengleich und chancengerecht zu gewährleisten.“ Das Gesundheitssystem brauche nicht nur Spitzenforscher, sondern auch gute Ärzte mit sozialen Kompetenzen und der Bereitschaft, aufs Land zu gehen, sagte Montgomery.
Auch andere Ärzteorganisationen begrüßten das Urteil und forderten gleichzeitig eine größere Zahl an Studienplätzen. Viele geeignete Bewerber würden an der Aufnahme ihres Wunschstudiums gehindert, weil die Zahl der Medizinstudienplätze auf dem Niveau von 1990 verharre, beklagte der Marburger Bund.