Tübingen · Entwicklungsbiologie

Die Streifen von „Obelix“

Die Arbeitsgruppe von Nobelpreisträgerin Christiane Nüsslein-Volhard identifizierte ein Gen, das bei der Musterbildung in Fischen eine wichtige Rolle spielt.

05.12.2020

Von ST

Ein Schwarm von ZebrabärblingenBild: MPI für Entwicklungsbiologie

Ein Schwarm von ZebrabärblingenBild: MPI für Entwicklungsbiologie

Mit Farben und Mustern können sich Tiere nicht nur hervorragend tarnen und verstecken. Sie locken auch Partner/innen an oder warnen potenzielle Feinde. Doch wie die Muster eigentlich entstehen, ist wissenschaftlich noch immer größtenteils unbekannt. Die Arbeitsgruppe der Nobelpreisträgerin Christiane Nüsslein-Volhard hat jetzt ein Gen entdeckt, das für die Entstehung von Mustern bei Zebrafischen mitverantwortlich ist. Gestern veröffentlichten die Forscher die Ergebnisse ihrer Arbeit im renommierten Fachmagazin „Nature“.

Die Wissenschaftler, die am Tübinger Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie arbeiten, nennen das Gen „Obelix“ nach dem Comic-Helden mit der blau-weiß gestreiften Hose. Auch die tropischen Zebrafischarten, mit denen sich Nüsslein-Volhard und ihr Team beschäftigen, tragen Streifen: Blau und silbrig ziehen sie sich sehr präzise über den gesamten Körper. Die Streifen werden von Pigmenten gebildet, deren Verteilung durch die Wechselwirkung zwischen den beteiligten Zellen festgelegt wird. Interessant ist, dass eng verwandte Arten der gestreiften Zebrafische ganz andere Muster herausbilden, etwa Tupfen oder vertikale Balken.

Um herauszufinden, wie die Zellen der Fische die Verteilung steuern, nutzten die Forscher die Möglichkeiten des Crispr-Verfahrens. Sie erzeugten Mutationen in bestimmten Genen und studieren, welche Wirkung sie auf die Musterbildung haben. So stießen sie auf zwei Gene, die an der Musterbildung beteiligt sind. „Wir waren überrascht, dass die verschiedenen Muster offensichtlich durch die Aktivität derselben Gene zustande kommen“, sagt Nüsslein-Volhard.

Gen „Obelix“ ist danach nicht nur entscheidend an der Bildung von Streifenmustern beteiligt, sondern auch mitverantwortlich für die Bildung ganz anderer Muster in nah verwandten Zebrafischarten. Nach den Erkenntnissen der Tübinger Wissenschaftler produziert Obelix ein Membran-Protein, das in vielen Zellen verschiedener Organismen vorkommt und bei Zebrafischen offensichtlich die Wechselwirkungen zwischen den, an der Musterbildung beteiligten Pigmentzellen kontrolliert. Das Protein gehört zur Gruppe der sogenannten „Kaliumkanäle“, die bei der Reizleitung von Nervenzellen ebenso eine Rolle spielen wie bei der Ausschüttung von Insulin in der Bauchspeicheldrüse. Defekte Kaliumkanäle stehen im Verdacht, bei Menschen Diabetes oder Herzrhythmusstörungen auszulösen.

Bei den Fischen könnte Obelix eines der für die Musterbildung zentralen Gene sein, „ein Knotenpunkt bei der Farbmusterevolution“, wie es die Forscher formulieren.

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Erstellt:
05.12.2020, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 04sec
zuletzt aktualisiert: 05.12.2020, 01:00 Uhr

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