ÖPNV · Elektrobusse mit Dieselhilfe

Die Stadtwerke Tübingen schaffen voraussichtlich Hybridfahrzeuge für den Übergang an

Für die Verantwortlichen der Stadtwerke Tübingen (SWT) ist ein Hybridantrieb, der Diesel und Elektro kombiniert, eine Übergangstechnologie. Eigentlich wollten sie gleich in die E-Busse einsteigen.

11.04.2017

Von Gernot Stegert

Seit Jahren testen die Stadtwerke verschiedenste Elektro-Busse in Tübingen – ohne Erfolg. Bild: SWT

Seit Jahren testen die Stadtwerke verschiedenste Elektro-Busse in Tübingen – ohne Erfolg. Bild: SWT

Auch der Verkehrsbeirat sah das im Jahr 2012 so. Doch bei jahrelangen immer neuen Tests hat kein Bus die Tübinger Hügel bewältigen können. „Wir kennen derzeit kein vollelektrisches Fahrzeug, das unsere Anforderungen für den täglichen zuverlässigen Einsatz im Tübinger Stadtverkehr erfüllt und ziehen daher übergangsweise den Einsatz von Hybridbussen in Erwägung“, sagte SWT-Geschäftsführer Ortwin Wiebecke jetzt auf TAGBLATT-Nachfrage. Entsprechend lautete eine Vorlage für den Verkehrsbeirat dieser Tage.

„In Erwägung“ ist eine vorsichtige Formulierung. Die Stadtwerke sind schon konkreter in ihrer Planung. Sie haben das Angebot der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) für zwei Hybrid-Busse des Typs Mercedes Citaro O 530 GDH vorliegen. Einer soll in der Woche nach Ostern in Tübingen getestet werden. Verläuft dieser Versuch erfolgreich, sollen die nächsten Schritte eingeleitet werden.

Die Chancen stehen nicht schlecht. Denn die SSB hat – im ebenfalls sehr hügeligen Stuttgart – gute Erfahrungen mit Hybridbussen gemacht. Im Vergleich zu einem Bus mit konventionellem Dieselantrieb würden laut SWT etwa 20 Prozent Kraftstoff eingespart. Der Stickoxidausstoß sei um rund 40 Prozent niedriger. Bei etwa 50 Prozent der Einsatzzeit sei der Dieselmotor ausgeschaltet. Die SWT können damit erste Erfahrungen mit elektrischen Antrieben sammeln.

Die angebotenen Gebrauchtfahrzeuge sind nach Angaben der SWT erst rund zwei Jahre alt, befänden sich in einem guten Zustand, hätten einen Großteil des Wertverlustes bereits hinter sich und würden vom Verkäufer nach Ablauf eines Förderprogrammes abgestoßen. Der Neuwert betrage 700000 Euro je Bus.

Das Thema E-Bus wollen die Stadtwerke erst wieder aufgreifen und weiterverfolgen, wenn die großen Hersteller voraussichtlich ab 2018/2019 neue, leistungsstarke und weiter ausgereifte Modelle in Serie auf den Markt bringen. „Wir wollen bereits seit längerer Zeit Elektrobusse im Tübinger Stadtverkehr einsetzen und haben dazu eine ganze Reihe von Fahrzeugen im praktischen Einsatz getestet“, so Wiebecke: „Leider konnten die von uns getesteten Elektrobusse unsere Anforderungen nicht in vollem Umfang erfüllen. Als erhebliches Problem hat sich dabei unter anderem die insgesamt schwierige Topographie in Tübingen mit einer Vielzahl von Steigungsstrecken erwiesen.“

Ausprobiert wurden die Modelle Rampini Ale, SOR EBN, Solaris Alpino, VDL Citea und Sileo S12. Weitere Busse wurden laut SWT angefragt, konnten von den Herstellern aber nicht zur Verfügung gestellt werden (VDL LLE, Linkker, BYD, EBE). Mit dem Antriebshersteller Ziehl-Abegg seien technische Gespräche zum Umbau der vorhandenen Midibusse auf Elektronantrieb geführt worden. Doch sei kein Dienstleister zum Umbau der Fahrzeuge gefunden worden.

Auch andere Verkehrsbetriebe haben laut SWT die Erfahrung gemacht, dass elektrische Busantriebe noch nicht serienreif seien. Dazu gehört Stuttgart. Ein Problem dabei sei die fehlende Normung und Standardisierung der Schnittstelle zwischen Bus und Ladeinfrastruktur. Das heißt: Batteriebusse verschiedener Hersteller können bisher nicht an allen Ladestellen angeschlossen werden. In Zusammenarbeit der Hersteller, europäischer Gremien, dem Verband deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) und ausgewählten Verkehrsbetrieben soll bis Ende 2019 eine europäische Norm eingeführt werden.

Auch die Batterien müssten noch verbessert werden. Allein fürs Heizen und Klimatisieren werden laut SWT bis zu 50 Prozent der verfügbaren Energien verbraucht.

Wie der Hybridantrieb funktioniert

Dieselelektrische Hybridbusse sind seit einigen Jahren im serienmäßigen Einsatz. Der Antrieb erfolgt direkt über elektrische Fahrmotoren. Der Dieselmotor dient als Generator, die Batterien als Zwischenspeicher, sodass sie kleiner sind als bei reinen Elektrobussen. So kann zum Beispiel das Anfahren an den Haltestellen elektrisch erfolgen, der Generator (Dieselmotor) läuft dann nicht.

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Erstellt:
11.04.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 43sec
zuletzt aktualisiert: 11.04.2017, 01:00 Uhr

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RabeHugo 11.04.201708:37 Uhr

Sind Sie sich sicher Hr. Stegert, dass die "Tübinger Hügel" das Problem sind? Drehmoment hat der Elektroantrieb genug um hochzukommen. Ein Problem ist vielleicht die hohe Leistung für die Fahrt bergauf. Dafür kann durch die Rekuperation aber bergab wieder Energie zurückgewonnen werden.
Das Argument mit der Ladeinfrastruktur leuchtet mir auch nicht ein: Was hindert die SWT daran, auf ihrem Betriebshof die Ladesäulen gleich mit mehreren Steckern/Steuerungen auszustatten. Vor diesem Problem steht doch jede öffentliche Ladeinfrastruktur in einem viel größeren Ausmaß.
Die Autoindustrie bezeichnet den Plug in Hybrid gerne als Übergangstechnologie. In Wahrheit brauchen die diese Autos jedoch nur, um ihren Flottenverbrauch zu senken, da hier der CO2-Ausstoß so berechnet wird, als würde das Fahrzeug zu 75% rein elektrisch fahren.
Technisch macht es nach meiner Meinung wenig Sinn, einen schweren Dieselmotor, einen Dieseltank, eine schwere Batterie und ein zu großes Getriebe mitzuführen...

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