Tesla
Die Revolution der Batterie
Der Unternehmer Elon Musk plant bei Berlin eine Fabrik für E-Autos – und für Akkus. Die Reichweite der Fahrzeuge soll auf 1000 Kilometer steigen. Die Kosten der Batteriezellen sollen sich halbieren.
4680. Das ist die Kurzbezeichnung für die neue Batteriezelle, deren Design Musk präsentiert hat. 46 Millimeter beträgt ihr Durchmesser, 80 Millimeter ist sie lang. Das entspricht fast einer kleinen Red-Bull-Dose – und ist für eine Batteriezelle, eine Rundzelle, groß. Die beiden Elektroden – Kathode und Anode – stecken in der Dose, aufgewickelt wie Klopapier.
Schon knapp 1000 Stück dieser 4680er-Zellen sollen den Akku eines Autos bilden. Das sind deutlich weniger, als Tesla derzeit verbaut. Von der Vorgängerzelle werden zwischen 3000 und 7000 Stück für die Batterie eines Tesla Model3 gebraucht. Teslas Neuerung soll fünf Mal so viel Energie speichern wie bisher verwendete Zellen, sechs Mal so viel Leistung haben und die Reichweite um 16 Prozent steigern.
Ist das revolutionär? „Elon Musk hat keine bahnbrechenden neuen Konzepte vorgestellt“, sagt der Batterieexperte Christoph Neef, Wissenschaftler und Projektleiter am Fraunhofer-Institut für System und Innovationsforschung ISI in Karlsruhe. Tesla greift für das Design der Zelle auf vorhandene Techniken zurück, um sein Produkt zu optimieren.
Dass die Zelle fünf Mal so viel Energie speichern kann, liegt am größeren Volumen. Bei der Größe wäre da aus Expertensicht sogar mehr drin. Anders ist das bei der Leistung, der letztlich unter konkreten Bedingungen nutzbaren Energie.
Eine Steigerung auf das Sechsfache ist aus Sicht von Neef „sehr gut“. Das schafft Tesla mit einem cleveren Wärmemanagement. Denn je größer die Zellen, desto mehr heizen sie sich auf. Tesla hat die Anschlüsse anders konstruiert – und reduziert damit die Wärme. Vorteil: Die Batterie lässt sich schneller aufladen, sagte der Ulmer Batterieexperte Maximilian Fichtner dem „Spiegel“.
Neue, billigere Materialien
Ein weiteres herausragendes Detail des neuen Designs: Der US-Autobauer setzt relativ einfaches metallurgisches Silizium für Elektroden ein. „Das kann niemand bisher sonst“, sagt Neef. Dieses Silizium gilt als nicht besonders stabil und langlebig. Ein Problem, das Tesla gelöst zu haben scheint. Silizium ist billiger als das bisher verwendete Grafit. Auf Kobalt, das wegen seiner Gewinnung mit Kinderarbeit umstritten ist, will Musk verzichten.
Revolutionär ist aus Sicht des Physikers die Art, wie Tesla produzieren will. Seit den 1990er-Jahren hat sich in der Massenfertigung von Batterien nicht viel geändert. Musks Firma krempelt sie nun von vorn bis hinten um. Neef: „Tesla plant eine kontinuierliche verkettete Produktion in einem fließenden Prozess, vollautomatisiert. Damit kann Tesla unglaubliche Taktzeiten und Stückzahlen in kurzer Zeit erreichen.“
Dafür spielt ein neues Verfahren eine entscheidende Rolle: die Trockenbeschichtung der Elektroden. Bislang beherrscht kein Hersteller dieses Verfahren in der Massenproduktion. Elektroden werden heute nass produziert: Auf lange Metallstreifen wird eine Paste aus unterschiedlichen Materialien aufgetragen. Danach läuft der feuchte Streifen durch meterlange Trockenöfen. Ein engergiefressendes Verfahren, das nicht ohne giftige Lösungsmittel auskommt.
Auf sie kann Musk verzichten. Trockenbeschichtung ist dann umweltfreundlicher. Dabei wird ein Puder auf die Metallstreifen gepresst. Das spart gewaltig Energie.
Musk hat sich den Experten für diese Technologie gekauft: den US-amerikanischen Hersteller Hersteller Maxwell. Viele arbeiten zwar an der Trockenbeschichtung, aber den Sprung in die Massenproduktion von Batteriezellen hat noch niemand geschafft.
Tesla könnte da einen Vorsprung haben. Prototypen herzustellen, sei einfach, sagte Musk auf dem europäischen Batteriekongress. Der Sprung in die Massenfertigung sei viel schwieriger, räumte er ein. Drei bis vier Jahre könnte es dauern, schätzt Neef, bis Tesla dazu in der Lage ist.
Worum es ihm offenkundig vor allem geht: Kosten senken. Akku-Kosten sind entscheidend für E-Auto-Preise. 100 Dollar pro Kilowattstunde Energie sind die magische Grenze, die die Akkus erreichen müssen, damit E-Autos so günstig sind wie Verbrenner, schreibt die Finanzagentur Bloomberg.
Liefern die Südkoreaner?
Die Nachfrage nach Batterien für Elektrofahrzeuge wächst – und das Angebot ist knapp. Hersteller von Batterien siedeln sich dort an, wo die Autos produziert werden So kommen chinesische Firmen wie CATL nach Deutschland.
Die deutsche Autobranche, die vor wenigen Jahren noch abgewunken hatte – Akkuproduktion sei der hohen Strompreise wegen zu teuer in Deutschland – versucht, die Kurve zu kriegen. VW baut mit der schwedischen Northvolt AB eine Fabrik zur Produktion von Lithium-Ionen-Batterien für bis zu 24 Gigawattstunden.
Musk strebt in Grünheide 100 Gigawattstunden an – und später 250. Er will die Reichweite der Autos von derzeit 600 auf längerfristig bis zu 1000 Kilometer steigern, die Herstellungskosten der Batteriezellen halbieren und einen Tesla für 21?000 Euro auf den Markt bringen. Schafft er das, fährt der Marktführer bei reinen Elektroautos den anderen weiter voran.